Frage an Kerstin Griese von Thomas M. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Griese,
in 18 europäischen Ländern gibt es bei der Organspende das Gesetz der Widerspruchslösung : Jeder ist Spender & wer nicht spenden will, kann widersprechen. In Deutschland gilt die Entscheidung & hier sterben bei der momentanen Gesetzeslage jedes Jahr über 1000 Menschen die auf der Warteliste stehen. Man wartetet in Deutschland z.B. auf eine Niere 7- 10 Jahre & in Spanien oder Österreich dagegen nur 1 Jahr, weil es dort die Widerspruchslösung gibt !
Ich fühle mich als Betroffener in Deutschland benachteiligt - gegenüber den Ländern mit Widerspruchslösung !
Was sagen sie zur Widerspruchslösung ?
Sehr geehrter Herr M.,
ich kann Ihre Bevorzugung der Widerspruchslösung gut verstehen. Die in Deutschland gültige Zustimmungslösung geht davon aus, dass die Menschen im Grund eher gegen eine Organspende sind oder ihr neutral gegenüberstehen – und sich deshalb ganz bewusst und per schriftlicher Erklärung pro Spende entscheiden müssten. Die Widerspruchslösung geht hingegen davon aus, dass die Menschen der Hilfe durch eine rettende Organspende – egal ob sie Spender oder Empfänger sind – grundsätzlich positiv gegenüberstehen – es sei denn, sie widersprechen dem.
Auch wenn ich die letztere Position sympathisch finde, ist sie meines Erachtens politisch und gesellschaftlich nicht durchsetzbar. Zwar wurde ein wesentliches Ziel der Reform des Transplantationsgesetzes von 2012 nicht erreicht: die Zahl der Organspenden zu erhöhen. Tatsächlich ist die Zahl der Transplantationen leider von 4783 in 2011 auf 3199 in 2017 kontinuierlich zurückgegangen und hat jetzt einen Tiefstand erreicht.
Allerdings trägt dafür weniger die Politik Verantwortung, als einzelne Mediziner. Der Organspende-Skandal, bei dem unter anderem in Göttingen Krankenakten gefälscht wurden, um ausgewählte Patienten bevorzugt mit Spenderorganen zu versorgen, hat viel Vertrauen zerstört. Dieses wieder aufzubauen, ist bis heute bedauerlicherweise nicht gelungen.
Ich selbst habe übrigens seit vielen Jahren einen Organspendeausweis und werbe auch dafür.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Griese