Wie rechtfertigen Sie, als Mehrheitsbeschafferin für "AfD" hergehalten zu haben?
Sehr geehrte Frau Willkomm,
gestern haben Sie gemeinsam mit Ihrer Fraktion in einer namentlichen Abstimmung für einen Antrag zur Migrationspolitik gestimmt, dessen Inhalt mehr oder weniger direkt aus dem Wahlprogramm der "AfD" entnommen wurde. Sind Sie der Meinung, dass es eine dem Land zuträgliche Position ist, Beschlüsse im Bundestag gemeinsam mit der "AfD" zu verabschieden?
Planen Sie, auch morgen gemäß der Linie der "AfD" für einen Gesetzesantrag der CDU/CSU-Fraktion abzustimmen?
Weiter, sind Sie der Meinung, dass eine solche Unterstützung der "AfD" ein Weg für die FDP sein kann, im nächsten Bundestag vertreten zu sein? Und sollten Sie es schaffen auch im nächsten Bundestag als Abgeordnete vertreten zu sein, dürfen wir als durch Sie vertretene Wähler*innen weiter damit rechnen, dass Sie sich weiter an den Positionen und dem Abstimmungsverhalten der "AfD" orientieren?

Sehr geehrter Herr G.,
die Union hat für ihren Antrag zur Migration nichts dem Wahlprogramm der AfD entnommen. Ebenso wenig orientiert sich die FDP an den Ideen von Frau Weidel und ihrer Rechtsaußentruppe. Wir haben in diesem Land derzeit ein massives Problem mit einer nicht funktionierenden Steuerung der Zuwanderung. In Deutschland halten sich über eine Million Menschen auf, die keinen Aufenthaltstitel haben. Hundertausende Verfahren hängen noch bei den Ämtern und Gerichten. Das ist eine Herausforderung, die Deutschland nicht mit den bestehenden Regeln bewältigen kann, weil diese Regeln nie für ein solches Ausmaß gedacht waren.
Wir sind daher der Ansicht, es muss endlich eine Zeitenwende bei der Migration geben. Deutschland braucht Instrumente, um den Zuzug von Menschen aus Nicht-EU-Ländern effektiv steuern zu können. Die Verfahren müssen einfacher und schneller werden, damit ohne langes Warten Klarheit besteht, wer unseren Schutz benötigt, wer ein Recht zum Aufenthalt hat, wer hier arbeiten darf und wer Deutschland wieder verlassen muss. Diese Wende in der Migration hat auch nichts mit Feindseligkeit gegen Ausländer zu tun. Deutschland braucht Fachkräfte aus dem Ausland, um unseren Wohlstand zu sichern. Wir brauchen daher bessere Regeln für eine zielgerichtete Zuwanderung, die uns nützt und nicht unsere Möglichkeiten überfordert.
Der Antrag der Union hat einige Punkte angesprochen, die zu solch einer Kontrolle der Migration notwendig sind und die sich mit den Vorstellungen der FDP decken. Dass die AfD - aus den falschen Motiven heraus - die Vorschläge der Union umgesetzt sehen will und daher aus eigenem Antrieb dem Antrag zustimmt, ist deren alleinige Entscheidung. Ein "gemeinsam" mit der AfD gibt es nicht. Weder für die Union noch für die FDP. Es gibt keine Zusammenarbeit, keine Besprechung, keine Absprachen oder sonstige Interaktion mit der AfD. Wenn eine demokratische Partei der Mitte Anträge oder Gesetze zur Abstimmung stellt, weil sie deren Inhalt für richtig hält, kann sie dies nicht davon abhängig machen, ob eine Partei aus dem Rand dem vielleicht zustimmt. Andernfalls könnte die AfD die Demokratie faktisch in Geiselhaft nehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Katharina Willkomm