Frage an Katharina Willkomm von Dr. Inge K. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Willkomm,
ich habe Ihre sehr engagiert präsentierte Rede in der 1. Lesung des WEMoG am 6.5.2020 in guter Erinnerung. Auch Ihren Zusatzantrag habe ich gelesen. Allem konnte ich nicht zustimmen, aber der politische Streit lebt ja von Rede und Gegenrede. Den Zeitpunkt, eine komplette Digitalisierung ins WEMoG zu nehmen halte ich für verfrüht.
Eines Ihrer Themen befasste sich mit der Beschlussmehrheit und Sie trugen vor: "Es ist richtig, die komplizierten Unterscheidungen der baulichen Maßnahmen mit unterschiedlichen Abstimmungsquoren zu vereinfachen." Dem stimme ich nicht zu!
Die bisherigen Beschlussquoren sind an sich nicht kompliziert, Kompliziertheit tritt erst auf, wenn der Sachverhalt unklar ist, z.B. ob es notwendige Instandhaltung oder gewünschte Modernisierung ist. Diese Schwierigkeit der Unterscheidung kriegen Sie auch mit einer Reduzierung der Quoren auf einfache Mehrheit nicht weg. Dazu müssen dann Gerichte bemüht werden - wie bislang auch. Es sollte ein Unterschied gemacht werden zwischen privilegierten baulichen Veränderungen und "normalen" baulichen Veränderungen, letztere können zu Luxussanierungen führen.
Ein anderer Aspekt kommt in der Diskussion um das WEMoG zu kurz, nämlich der EIGENTUMSASPEKT.
Beim Kauf einer Eigentumswohnung erwerben Käufer Miteigentumsanteile am Grundstück und dem Gemeinschaftseigentum der Wohnlage. Diese Miteigentumsanteile werden grundbuchamtlich erfasst, und Wohnungseigentümer zahlen für diesen "Mitbesitz" am Grundstück regelmäßig GRUNDSTEUER an die Gemeinde.
Entscheiden sich Eigentümer für eine professionelle Verwaltung, erfolgt es aus freiem Willen: Zwei GLEICHBERECHTIGTE Partner schließen einen Geschäftsbesorgungsvertrag ab, bei dem Verwalter keinesfalls mehr Macht bekommen sollten als sie jetzt schon praktizieren!
Sehr geehrte Frau Willkomm, bei den bisherigen Diskussionen um das WEMoG entsteht der Eindruck, es handele sich bei Wohnungseigentum um Eigentum 2. Klasse, über das anderweitig verfügt werden kann, notfalls mit ENTEIGNUNG.
Betrachten Sie Wohnungseigentümer/innen und Verwalter/innen als gleichberechtigte Partner, wenn ein Verwalter-Vertrag mit Handlungsregeln abgeschlossen wird, und sehen Sie eine Enteignungsgefahr durch das WEMoG gegeben?
Freundliche Grüße von Dr. I. K.
Sehr geehrte Frau Dr. Karger,
zunächst möchte ich Ihnen für Ihr Kompliment zu meiner Rede danken, über welches ich mich auch schon in Ihrer vorangegangen E-Mail zum Thema Beschlusssammlung sehr gefreut habe.
Wie Sie ganz richtig darstellen, stellt es in der Praxis sowohl die Eigentümer als auch schlussendlich die Gerichte vor einen gehörigen Aufwand, eine bauliche Maßnahme richtig als Modernisierung, Instandsetzung etc. richtig einzuordnen. Davon hängt nach dem jetzigen System aber das notwendige Quorum ab, damit die Abstimmung gültig ist. Der Antrag der FDP-Fraktion macht eine Kategorisierung der baulichen Maßnahme überflüssig. Sämtliche Abstimmungen sollten unserer Auffassung nach in Zukunft mit der Mehrheit der Stimmen entschieden werden können, wenn diese Mehrheit zugleich mindestens die Mehrheit der Eigentumsanteile darstellt. Die von Ihnen aufgeworfene Besorgnis vor Luxussanierungen kann daher entfallen, da ein Sanierung oder Modernisierung nur dann beschlossen werden kann, wenn die echte Mehrheit der Eigentümer diese Maßnahme tatsächlich haben will. Damit bewahren wir das demokratische Grundelement bei der Selbstverwaltung der WEG - anders als es der Vorschlag der Bundesregierung handhabt, indem er die einfache Mehrheit der Anwesenden der Eigentümerversammlung genügen lässt. Ein derart niedriges Quorum öffnet dem Missbrauch Tür und Tor.
Hinsichtlich des Befugnisse des Verwalters will die Bundesregierung dem Verwalter ein Blankovollmacht erteilen, wobei die Eigentümer in der Theorie die im Verwaltervertrag die Grenzen setzen könnten, was der Verwalter tun darf und was nicht. Wir sehen darin aber eine große Gefahr für die vielen WEGs deren Eigentümer keine versierten Juristen sind. Um die nach außen hin unbegrenzte Handlungsbefugnis sinnvoll beschränken zu können, brauchen die Eigentümer Anhaltspunkte, welche Aufgaben man vielleicht besser regelt. Wir wollen daher weiterhin am geltenden, gesetzlich verankerten Befugniskatalog festhalten. Die WEGs die über diese Basisbefugnisse hinaus ihrem Verwalter Freiräume gewähren wollen können das dann gerne weiterhin tun.
Die Eigentümer einer WEG werden aber auch nach dem Entwurf der Regierung nicht zum Freiwild für die Verwalter degradiert. Von einer Enteignung der Eigentümer kann überhaupt nicht die Rede sein. Alteingesessene WEGs, die schon viel Erfahrung mit unterschiedlichen Verwaltern gemacht haben - manchmal leidliche -, werden den Verwalter schon zu bremsen wissen. An dem Systemwechsel auf eine unbeschränkte Außenvollmacht ist generell auch nichts auszusetzen, ist sie doch bei vielen rechtlichen Gesellschafsformen Standard. Was derzeit aber von der Regierung noch völlig außer Acht gelassen wird, ist eine wirksame Absicherung der Eigentümer, für den Fall, dass der Verwalter seine Handlungsfreiheit missbraucht hat. Der Verwalter darf nicht zum Herr der WEG werden. Er hat die Anliegen und Beschlüsse der Eigentümer umzusetzen und nimmt damit die Rolle eines Gehilfen der Eigentümer ein. Insofern begrüße ich auch, dass die Reform den Eigentümern ermöglicht, ihren Verwalter jederzeit grundlos zu entlassen.
Beste Grüße
Katharina Willkomm