Frage an Katharina Willkomm von Kristina P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Willkomm,
Danke für Ihre Eingabe zum Thema Femizid in Deutschland.
Ich bin nicht sicher, ob ich Ihre Wertung, meine Kritik an der Bundesregierung sei lediglich ein „pointiertes Stilmittel“ richtig verstehe?
Insbesondere Ihre Statements: „Wenn Sie damit ausdrücken wollen, in Deutschland wären Frauen generell benachteiligt, kann ich mich dem nicht anschließen.“, bzw. „Gerade wenn ein Frauenmord Folge eines Beziehungsstreits ist, beschränkt sich die präventive staatliche Handhabe darauf, Beratungsmöglichkeiten und Frauenhäuser bereitzustellen, damit es nicht zum Äußersten kommt.“ veranlassen mich zu folgender Frage: Da es sich um ein von der BRD ratifiziertes und seit 01.02.2018 in Kraft getretenes Gesetz, da es sich um internationales Völkerrecht handelt: Ist Ihnen der Inhalt, insbesondere die Präambel der Istanbul-Konvention überhaupt bekannt?
Wollen Sie sagen, die angesprochenen Frauenhäuser könnten bereits einen flächendeckenden Schutz leisten?
Wollen Sie sagen, dass die Aggressoren im Zuge rasender Wut und unkontrollierter
Gewaltausübung, ihr Schlagen, Stechen, Schießen, Würgen, etc. pp., den Wunsch nach
einem Hilfe-Telefonat respektierend, zurück- oder gar einstellen?
Wollen Sie sagen, die Verschärfung des Sexualstrafrechts greife nicht erst im Nachgang an die erlittene Gewalterfahrung und sei etwas anderes als Symptom-Bekämpfung?
Wollen Sie sagen, der "Runde Tisch" hätte nach mehr als 10 Monaten endlich effiziente Ergebnisse/ Maßnahmenkataloge/ Aktionspläne vorzuweisen?
Wollen Sie mir sagen, Ihr persönlicher Einsatz und der Einsatz der FDP-Bundestagsfraktion hätte ausreichend zur Budgetierung der Istanbul-Konvention im Haushaltsentwurf der Regierung für 2020 beigetragen?
Wollen Sie mir, bzw. mehr als 65.000 Unterstützer*innen von #saveXX sagen, Ihr persönlicher Einsatz und der, der FDP-Bundestagsfraktion wäre ein richtungsweisender Beitrag zum Schutz der Betroffenen?
Wollen Sie sagen, die Istanbul-Konvention sei bereits umgesetzt?
Sehr geehrte Frau Dr. W.,
um Frauenmorde zu verhindern, sehe ich keine Notwendigkeit, an den bestehenden Strafgesetzen etwas zu ändern. Soweit das Strafrecht Täter durch hohe Strafandrohungen davon abschrecken kann, Gewalt gegen Frauen anzuwenden oder sie gar zu töten, sind die bestehenden Strafnormen genügend. Insoweit ist die Istanbul-Konvention bereits umgesetzt. Die Einführung ausdrücklicher gesetzlicher Strafschärfungen bei Taten gegen Frauen, dürfte zudem gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. Für Ihre Behauptung, dass Frauen in Deutschland, wenn sie Opfer einer Straftat geworden sind, der Zugang zum Recht verwehrt wäre, kann ich weder in Ihren Ausführungen, noch darüber hinaus Belege finden.
Wenn es Strafbarkeitslücken gibt, dann müssen sie geschlossen werden. Wenn es bestimmte Verhaltensweisen gibt, die vornehmlich Männer gegenüber Frauen ausüben und welche die Privatsphäre oder die Gesundheit verletzten, und diese mangels Rechtsgrundlage noch nicht verfolgt werden können, dann ist es auch sinnvoll, neue Straftatbestände einzuführen.
Denn die konsequente Verfolgung begangener Straftaten ist wichtig, um potentiellen Tätern vor Augen zu führen, welche Konsequenzen ihnen drohen und Wiederholungstäter aufzuhalten. Gleichzeitig muss man sich jedoch bewusst sein, dass eine Verbesserung der Situation für gefährdete Frauen nur durch erweiterte, präventive Hilfsangebote erreicht werden kann. Frauen, die z. B. fürchten, ihr Partner könnte gewalttätig werden, oder deren Partner sie vielleicht sogar schon geschlagen hat, können durch Beratungsangebote Auswege aufgezeigt und Hilfsangebote vermittelt werden. Außerdem können Kampagnen dazu beitragen, die Menschen für dieses Thema zu sensibilisieren. Damit stärker als bisher Familie, Freunde und Nachbarn den Betroffenen beistehen. Ebenso bieten Frauenhäuser einen geschützten Rückzugsort, um sich drohender oder erfahrener Gewalt zu entziehen. Von diesen gibt es derzeit zu wenig, auch wenn in den Bundesländern bereits verstärkt Frauenhausplätze aufgebaut werden.
Welche Maßnahmen der Runde Tisch der Bundesregierung plant, ist bislang öffentlich nicht bekannt, weil die Bundesregierung dazu keine Angaben macht. Als Opposition können wir nur immer wieder nachfragen, wir können die Bundesregierung aber nicht zwingen, schneller zu arbeiten. Ebenso liegt es nicht in unserer Macht, der Bundesregierung vorzuschreiben, wie das Geld im Bundeshaushalt verplant wird. Wir können lediglich sinnvollere Verwendungen aufzeigen, was wir in den Haushaltsdebatten, die im September stattfinden, ausgiebig tun werden.
Die FDP setzt sich leidenschaftlich für die Beseitigung noch bestehender rechtlicher und sozialer Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern ein und kämpft dafür, dass jeder Mensch sein Leben nach den eigenen Vorstellungen frei von Zwängen und Übergriffen, sei es des Staates oder anderer Personen, gestalten kann. Um dieses Ziel umzusetzen, haben wir FDP-Abgeordneten bereits viele Anfragen und Anträge gestellt, z. B. zur Frauenquote oder zur Einführung der Strafbarkeit des Upskirting, zur Beratung von Frauen bei Schwangerschaftsabbrüchen und der Rechtssicherheit für die Ärztinnen und Ärzte, die diese vornehmen.
Ich denke und hoffe, ich kann Ihnen mit dieser Antwort mehr Klarheit über meine Haltung zum Thema der Tötung von Frauen bieten.
Beste Grüße
Katharina Willkomm