Worin genau besteht der Sinn von Schließungen konsularischer Vertretungen Russlands in Deutschland?
Sehr geehrter Herr Trittin, eine Frage an den außenpolitischen Sprecher der grünen Bundestagsfraktion aus aktuellem Anlass: Was genau bezweckt man eigentlich mit der Schließung russischer Konsulate in Deutschland? Was ist das neue, das "feministische" an dieser Reaktion auf die Ausweisung von Mitarbeitenden deutscher Vertretungen und Einrichtungen in Russland? Sind das nicht eher verstaubte Reflexe kalter Krieger aus dem vorigen Jahrhundert? Muss man ewig gestrig alles mit gleicher Münze heimzahlen? Inwiefern ist man dann besser, wenn man stets gleiches mit gleichem vergilt? Kann man die Gegenseite nicht besser durch Großzügkeit und Toleranz beschämen? Muss es immer "Wie Du mir, so ich Dir" heißen? Fehlt der deutschen Diplomatie die Phantasie, mal neue, andere Wege zu gehen? Und trifft man mit den Einschränkungen beim konsularischen Service nicht vor allem auch die deutschen Spätaussiedler und deren russische Angehörige, die schon so oft Opfer solcher Spannungen waren?
Sehr geehrter Herr G.,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Die Beziehungen zu Russland sind seit dem russischen Angriff auf die Ukraine, seit diesem eklatanten Bruch des Völkerrechts und Angriff auf die europäische Friedensordnung massiv belastet.
In der Vergangenheit kam es bereits mehrfach zu einer gegenseitigen Ausweisung einer kleineren Zahl von Botschaftsmitarbeiter*innen. Das passierte von deutscher Seite aus vor allem in dem Wissen, dass es sich bei den Betroffenen nicht um Diplomaten, sondern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um Geheimdienstmitarbeitende handelte. Im Gegenzug wurden dann immer in annähernd gleichem Umfang Botschaftsmitarbeiter*innen des anderen Landes ausgewiesen.
Im vergangenen Monat hat die russische Regierung der Bundesregierung mitgeteilt, dass sie die deutsche Gesamtpräsenz in Russland auf 350 Personen begrenzt. Die ungerechtfertigte Entscheidung, hunderte deutsche Bedienstete aus Russland auszuweisen, zwingt die Bundesregierung zu einem sehr erheblichen Einschnitt in allen Bereichen ihrer Präsenz in Russland. Dieser Schritt der Eskalation seitens der russischen Regierung darf nicht unbeantwortet bleiben, denn Diplomatie unterliegt klaren Regeln. Aktion fordert stets Reaktion.
Wie das Außenministerium in der Regierungspressekonferenz vom 31.05.2023 erklärte, hat die Bundesregierung entschieden, die deutschen Generalkonsulate in Kaliningrad, Jekaterinburg und Nowosibirsk zu schließen, um den russischen Vorgaben zur Begrenzung deutscher Staatsbediensteter (Diplomat*innen, Lehrer*innen und Beschäftigte des Goethe-Instituts Russland) nachzukommen. Um eine Ausgewogenheit der beiderseitigen Präsenzen sowohl personell als auch strukturell sicherzustellen, gilt die Entscheidung der Bundesregierung für die russische Präsenz in Deutschland reziprok. Entsprechend wurde der russischen Seite auferlegt, ebenfalls vier der in Deutschland betriebenen russischen Generalkonsulate zu schließen.
Hier finden Sie die vollständige Erklärung des AA: https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/regierungspressekonferenz/259983
Es ist bedauerlich, dass die diplomatischen und konsularischen Präsenzen reduziert werden müssen, aber die Aufgabe der Bundesregierung ist es, die Interessen Deutschlands zu vertreten und darauf zu achten, dass in diplomatischen Beziehungen eine Ausgewogenheit herrscht.
Darüber hinaus arbeitet die Bundesregierung natürlich weiterhin daran, die diplomatischen Wege nach Russland offen zu halten, so schwierig es angesichts eines völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russland auf die Ukraine auch aktuell ist.
Mit freundlichen Grüßen
Team Trittin