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Jürgen Trittin
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Frage von Dennis S. •

Sehr geehrter Herr Trittin, werden Sie dem Antrag 20/4886 der CDU/CSU Fraktion zum Thema ME/CFS zustimmen?


Sehr geehrter Herr Trittin,

ich gehöre zu den mindestens 500.000 an ME/CFS erkrankten Menschen in Deutschland. 
Der zum Thema ME/CFS gestellte Antrag 20/4886 wurde, wie Sie sicher wissen, am 19.01.2023 im Bundestag diskutiert. Alle Fraktionen waren sich einig, dass dringend etwas passieren muss, um den Erkrankten zu helfen.
Ich würde gern wissen, ob Sie persönlich dem Antrag zustimmen werden? Über eine kurze Rückmeldung würde ich mich freuen.

Vielen Dank und freundliche Grüße 

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Zunächst möchten wir unsere Betroffenheit bezüglich Ihrer Erkrankung ausdrücken und wünschen Ihnen viel Kraft.

Sie können sich gewiss sein, dass wir all diese frustrierenden Probleme sehr ernst nehmen und die Thematik nicht erst seit dem CDU/CSU-Antrag einen wichtigen Platz auf der politischen Agenda der Ampel-Fraktionen und insbesondere der Grünen einnimmt. Bereits zu Oppositionszeiten haben wir Grüne uns für die  Verbesserung der Versorgungssituation von ME/CFS-Erkrankten eingesetzt (siehe Drucksache 19/12204 vom 7. August 2019,  https://dserver.bundestag.de/btd/19/122/1912204.pdf?fbclid=IwAR0wrCUhCpAX8Ilf6k9RfCtPt8CeP2IfkAF67HYDezcb7cMPkjmpzRq6fko). Nicht zuletzt hat ME/CFS als eines von ganz wenigen Krankheitsbildern erstmals auch explizit Eingang in unseren Koalitionsvertrag gefunden. Dementsprechend haben wir als Ampel-Koalition das Thema auch in vielen Debatten eingebracht. Einige Beiträge finden Sie auch auf der Webseite unserer Berichterstatterin zum Thema „ME/CFS“ Linda Heitmann unter: https://linda-heitmann.de/?s=ME%2FCFS. Auch befassen wir uns fraktionsübergreifend bereits seit Frühjahr 2022 im Rahmen einer Petition damit, welche Verbesserungen seitens der Politik möglich und nötig sind, um die Änderungen zur Versorgung von ME/CFS-Patient*innen im Gesundheitswesen anzustoßen. Die entsprechende Petition ist auch weiterhin „offen“ und es finden kontinuierlich Gespräche der Berichterstatter*innen aller Fraktionen statt, in denen gemeinsam beraten wird, welche politischen Schritte und Beschlüsse wirklich Sinn machen, um Ihnen als Betroffene bestmöglich zu helfen.

Wir wissen um die großen Einschnitte und die schwierige Lage, in der Sie und andere an ME/CFS erkrankten Patient*innen und ihre Angehörigen sind, durch Ihre Einschränkungen im Alltag und z.T. den dauerhaften Pflegebedarf. 

Deshalb haben wir uns im Koalitionsvertrag auf die Verbesserung der Forschung und der Versorgung verständigt. Auch wenn es keinen Gesetzestext oder Koalitionsantrag gibt, der den Namen „ME/CFS“ trägt, so haben wir als Ampel doch seit Beginn der Legislatur eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die Forschung und Versorgung gezielt zu verbessern:

  • Entsprechend wurden Haushaltsmittel zur Forschungsförderung in Höhe von 22,5 Millionen Euro für 2022 und 2023 bewilligt und werden bereits bewirtschaftet (z. B. wird im Rahmen einer klinischen Studie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin aktuell die Wirksamkeit von drei Gruppen von bereits bekannten Medikamenten für die Behandlung von Patient*innen mit Long-Covid und Chronischem Fatigue Syndrom erforscht).
  • Für uns Grüne ist es ein großes Anliegen, gemeinsam mit den Ampel-Partner*innen die Versorgungssituation durch Spezialambulanzen zu verbessern, damit mehr Menschen schneller eine Diagnose bekommen, aufgrund derer sie adäquat behandelt werden können. Dazu wurde nun der Gemeinsame Bundesausschuss, der die inhaltlichen Vorgaben der gesundheitlichen Versorgung macht, per Gesetz beauftragt. Er soll bis Ende dieses Jahres eine Richtlinie erarbeiten für die interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik von Long-Covid und ähnlichen Krankheitsbildern wie etwa ME/CFS. Gleichzeitig wird dadurch festgelegt, wie den Versicherten ein zeitnaher Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot gesichert werden kann.

Obwohl ME/CFS als Erkrankung schon seit 1969 anerkannt ist, haben die CDU/CSU-geführten Vorgängerregierungen diese über 16 Jahre lange ignoriert, obwohl wir Grüne, wie oben erwähnt, die vorherige Regierung nachdrücklich dazu aufgefordert haben, sich des Themas endlich anzunehmen. Erst seitdem wir als Ampelkoalition die mangelhafte Versorgungs- und Forschungslage auf die politische Agenda gesetzt haben und bereits entscheidende Verbesserungen eingeleitet haben, hat auch die CDU/CSU-Fraktion das Thema für sich entdeckt und bringt immer wieder Anträge ins Parlament ein, die zwar wohlklingende Titel haben, aber keine durch die Politik wirklich erfüllbaren Vorschläge enthalten, die wir nicht bereits in Angriff genommen hätten. Viele der Forderungen in den Unionsanträgen sind entweder bereits eingeleitet worden (siehe oben), sind in Planung oder gehören nicht in unseren Einflussbereich. So kann die Politik beispielsweise weder Curricula für die Fortbildungen von Mediziner*innen selbst festlegen noch kann sie selbst Schwerpunktarztpraxen und -kliniken finanzieren.

Schaufenster-Anträge mit Appellen und Forderungen an Gremien, auf die wir keinen Einfluss haben, bringen uns nicht voran – zielführende fraktionsübergreifende konstruktive Zusammenarbeit aber schon. Deshalb ist erfreulich, dass wir als Ampelfraktionen im Rahmen von Berichterstatter*innengesprächen zu der erwähnten Petition weiterhin in engem Austausch sind, um gemeinsam auszuloten, welcher weiteren zielführenden Maßnahmen es bedarf, damit die Hilfen gezielt bei den Betroffenen auch tatsächlich ankommen.

Wir wünschen Ihnen alles Gute!

Mit freundlichen Grüßen

Team Trittin