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Jürgen Trittin
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Michael H. •

Auf welcher Grundlage ignoriert die Bundesregierung die einschlägigen Urteile des BVerfG zur Sicherung des Existenzminimums?

Sehr geehrter Herr MdB Trittin,

das BVerfG hat mit dem Urteil BVerfG 09.02.2010 – 1 BvL 1/09 ua, Rn. 140 entschieden, dass der Gesetzgeber … Vorkehrungen zu treffen hat , auf Änderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel Preissteigerungen oder Erhöhungen von Verbrauchsteuern, zeitnah zu reagieren, um zu jeder Zeit die Erfüllung des aktuellen Bedarfs sicherzustellen, insbesondere wenn er wie in § 20 Abs. 2 SGB II einen Festbetrag vorsieht.
Außerdem mit BVerfG 23.07.2014 – 1 BvL 10/12 ua, Rn. 144: Ist eine existenzgefährdende Unterdeckung durch unvermittelt auftretende, extreme Preissteigerungen nicht auszuschließen, darf der Gesetzgeber dabei nicht auf die reguläre Fortschreibung der Regelbedarfsstufen warten.

Warum läßt ausgerechnet eine "soziale" Regierung einen schwerstbehinderten und krebskranken Elektrorollstuhlfahrer im Grusibezug nach SGB XII wie mich mit der Inflation und der diesbezüglichen Senkung des Existenzminimums so alleine?

Mfg
Michael H.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Guten Tag,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Nicht nur in Folge der aktuellen Inflation, sondern ganz allgemein ist es 15 Jahre nach Hartz IV höchste Zeit für einen sozialpolitischen Aufbruch. Nicht zuletzt die Corona Krise hat uns gezeigt, wo unser soziales Netz löchrig ist und Reformen braucht, die unseren Sozialstaat besser, zugänglicher und gerechter machen.

Aus diesem Grund werden wir anstelle der bisherigen Grundsicherung (Hartz IV) ein Bürgergeld einführen. Es stellt die Potenziale der Menschen und Hilfen zur nachhaltigen Integration in den Arbeitsmarkt in den Mittelpunkt und ermöglicht gesellschaftliche Teilhabe. Bis zur gesetzlichen Neuregelung Ende 2022 setzen wir ausserdem Sanktionen aus, evaluieren dessen bisherige Wirkungen und werden diese auch im Zuge der Neuregelung weiter einschränken. Damit kommen wir zum Einen den Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts vom November 2019 nach, die wir bei einer Neuregulung beachten werden, als auch einer Sicherung des Existenzminimums.

Besonders von Preissteigerungen betroffen sind aktuell die Energiepreise. Diesbezüglich haben wir einen einmaligen Heizkostenzuschuss auf den Weg gebracht, Damit werden Menschen mit geringen Einkommen, darunter auch Sozialhilfeempfänger*innen finanziell bezuschusst. Die Höhe ist nach Personen im Haushalt gestaffelt: 135 Euro für 1-Personen-Haushalten, 175 Euro für 2-Personen-Haushalte, 35 Euro Zuschlag für jede weitere Person im Haushalt. Außerdem soll ab Juli für jedes Kind in einkommensschwachen Familien ein Kinder-Sofortzuschlag in Höhe von 20 Euro gezahlt werden.

Zu diesen Maßnahmen arbeiten wir aktuell noch an weiteren Maßnahmen, um eine angemessene soziale Grundsicherung zu gewährleisten.

Wir hoffen Ihnen hiermit weitergeholfen zu haben und wünschen Ihnen alles Gute!

 

Mit besten Grüßen

Team Trittin