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Jürgen Trittin
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Frage von Udo R. •

Frage an Jürgen Trittin von Udo R. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Trittin.

In letzter Zeit kommen mir vermehrt Zweifel am Sinn unseres sozialen Systems. Die Soziale Sicherung war urprünglich wohl dazu gedacht, Menschen in äußerster Not zu helfen. Das Leben außerhalb solcher Notfälle sollte und konnte der Einzelne durch den Lohn für seine Arbeit meistern. Dann wurde die Soziale Sicherung um den sozialen Ausgleich erweitert. Dieser sollte durch eine Umverteilung von Vermögenden hin zu weniger Vermögenden realisiert werden. Nun stellen wir aber fest, daß Reichtum und Armut sich entgegengesetzt entwickeln, statt in gleicher Weise.

Ist das vielleicht so zu erklären, daß keine Umverteilung im Sinne des sozialen Ausgleichs mehr stattfindet, aber die Leistungen weiter bestehen und sogar erhöht werden? Hat der soziale Ausgleich somit zu einer Entlastung der Wirtschaft geführt, da die Funktion des Arbeitslohnes dadurch unterlaufen wird? Ist das soziale System dadurch, daß es überwiegend nur noch von den Anspruchnehmern selbst finanziert wird, mehr und mehr unbezahlbar geworden? Handelt es sich mittlerweile (nicht nur) beim sozialen Ausgleich nicht vielmehr um eine Subvention der Wirtschaft? Ist Ihnen bekannt, wieviel Prozent der Kosten des sozialen Ausgleichs tatsächlich durch selbigen abgedeckt sind? Ist sozial denn noch sozial?

Um mal anhand eines Beispieles konkret zu fragen: Ist Kombilohn sozialer Ausgleich oder Subvention? Wie wird er - und warum - im Haushalt deklariert?

Mit freundlichen Grüßen
Udo Reidegeld

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Reidegeld,

sie werfen eine Menge wichtiger Fragen auf, zu denen ich nur kurz Stellung nehmen möchte.

Kombilöhne sind quasi Lohnkostenzuschüsse und damit Lohnsubventionierung. Es gibt inzwischen auf Bundesebene etliche Kombilohnmodelle. Vom Qualifizierungszuschuss für Jugendliche, über Einstiegsgelder für Arbeitslose ALG II-Empfänger, bis hin zu Beschäftigungszuschüssen für Langzeitarbeitslose. Hinzu kommen etliche regionale Kombilöhne in den Bundesländern. Finanziert wird dies aus Steuer- und Beitragsmitteln.

Kombilohnmodelle halten wir weder für wirksam noch für gerecht.

Auch dass viele Erwerbstätige ihr zu geringes Einkommen durch Arbeitslosengeld II aufstocken müssen, um den Lebensunterhalt finanzieren zu können, ist Lohnsubventionierung. Um zukünftig Lohndumping auf Kosten der Solidargemeinschaft zu verhindern fordern wir die Einführung von Mindestlöhnen.

Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Trittin