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Jürgen Trittin
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Frage von Adalbert O. •

Frage an Jürgen Trittin von Adalbert O. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Trittin,

Danke für Ihre Antwort vom 24.06.08.
Auf nachdenkseiten.de fand ich die Information, wonach DIE LINKE Klage vor dem Bundesverfassungsgericht erhoben hat, weil der Bundestag in seinen Rechten verletzt wird, weil nach den neuen Art. 42 ff EUV der Rat über den Einsatz von Streitkräften im Rahmen von Missionen der EU außerhalb ihres eigenen Gebietes beschließt. Damit wird der Parlamentsvorbehalt für Einsätze deutscher Streitkräfte konterkariert. Es gehört nach der Rechtsprechung des Gerichts zu den Rechten des Deutschen Bundestages über den Einsatz der Streitkräfte zu entscheiden, diese Kompetenz wird mit dem Vertrag auf administrative Instanzen übertragen.
Wie denken Sie darüber? War es evtl. ein Fehler dem Vertrag zuzustimmen?

Mit freundlichem Gruß
Adalbert Olma

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Olma,

für die deutschen Parlamentarier und für die Regierung ist der Parlamentsvorbehalt bei Auslandseinsätzen ein unumstößlicher Grundsatz. Daher wird dieser Grundsatz weder bei den Verhandlungen in der EU noch in der NATO zur Disposition gestellt. Auch die Regelungen zur "ständigen strukturierten Zusammenarbeit" und die Aufstellung von "battle groups" ändern daran nichts. An jeder Entsendung von Soldaten ins Ausland muss das Parlament beteiligt werden.

Die "ständigen strukturierten Zusammenarbeit" ist auch im Militärbereich für jeden EU-Mitgliedstaat freiwillig und kann jederzeit einseitig beendet werden. Sie lässt den "besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten (also z.b. die Neutralität) unberührt". Diese militärisch relevanten Aussagen sowie die Beistandsklausel, sind übrigens bereits Bestandteil geltender Verträge bzw. getroffener Beschlüsse des Europäischen Rates.

In der Realität sind von 19 bisher durchgeführten Missionen der EU nur vier militärischer Art. In den Bestimmungen zur GSVP heißt es in Artikel 28a EUV: "Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist integraler Bestandteil der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Sie sichert der Union eine auf zivile und militärische Mittel gestützte Operationsfähigkeit."

Auslandseinsätze werden nach wie vor vom Deutschen Bundestag entschieden. Denn die EU hat keine eigenen Streitkräfte. Missionen im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik können nur durchgeführt werden, wenn einzelne Nationalstaaten bereit sind, nationale Streitkräfte oder BeamtInnen zur Verfügung zu stellen und alle Mitgliedstaaten der EU im Ministerrat der Mission zustimmen. Im Falle Deutschlands wäre es so, dass eine deutsche Beteiligung an einem EU-Einsatz nur stattfinden kann, wenn der Bundestag dem Antrag der Bundesregierung zustimmt. Kaum ein Parlament in der EU hat so weitgehende Mitwirkungs- und Kontrollrechte bei Auslandseinsätzen, wie der Deutsche Bundestag.

Schließlich wird die EU durch den Vertrag ausdrücklich auf die "Wahrung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen" festgelegt. Damit muss die EU "internationale Streitigkeiten durch friedliche Mittel so bei(zulegen), dass der Weltfriede, die internatonale Sicherheit und die Gerechtigkeit nicht gefährdet werden" (Artikel 2 Absatz 3 VN-Charta).

Aufgrund dieser Einschätzung, sind wir nach wie vor davon überzeugt, dass unsere Zustimmung zu, Lissabon-Vertrag richtig und notwendig war.

Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Trittin