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Jürgen Trittin
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Frage von Adalbert O. •

Frage an Jürgen Trittin von Adalbert O. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Trittin,

lag Ihnen und den anderen Abgeordneten des Deutschen Bundestages der EU-Vertrag von Lissabon während der Debatte und vor der Abstimmung schriftlich vollständig vor?
Was halten Sie von der Klage beim Bundesverfassungsgericht des Abgeordneten Gauweiler?
Welchen Inhalt hatten Ihre Zwischenrufe während der Rede des Abgeordneten Bisky?
Danke für die Antworten und

freundliche Grüße
A. Olma

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Olma,

die konsolidierte Fassung des Vertrags von Lissabon wurde am 15. April 2008 und somit vor der Abstimmung im Deutschen Bundestag unter diesem Link online gestellt:

http://www.consilium.europa.eu/cms3_fo/showPage.asp?id=1296&lang=DE&mode=g

Der Hintergrund dieser Verzögerung, die auch wir kritisiert haben, ist, dass der Vertrag nach seiner Unterzeichnung von allen Staats- und Regierungschefs am 13. Dezember 2007 zunächst in eine konsolidierte Form gebracht werden, in alle Amtssprachen der EU (das sind derzeit 23) übersetzt und von SprachjuristInnen geprüft werden musste. Eine erste und nicht konsolidierte Fassung des neuen Vertrages, die jedoch nur schwer lesbar war, lag bereits seit August 2007 vor.

Wir Grünen haben uns intern und öffentlich intensiv mit dem Inhalt des Vertrags von Lissabon und mit seinem Vorläufer, dem Verfassungsvertrag, auseinandergesetzt. So gab es zum Vertrag von Lissabon beispielsweise zwischen Februar und April 2008 drei öffentliche Expertengespräche im Europa-Ausschuss des Deutschen Bundestages. Ähnliche Gespräche hatten wir auf Grundlage des Verfassungsvertrags bereits 2005 durchgeführt. Und der Verfassungsvertrag selbst wurde in langen und umfassenden Verhandlungen vom öffentlich tagenden Konvent zur Zukunft Europas (Februar 2002-Juli 2003) erarbeitet und von allen EU-Mitgliedstaaten einstimmig beschlossen.

Herr Gauweiler begründet seine Klage mit der Befürchtung der Vertrag bedeute eine Entmachtung des Deutschen Bundestages. Doch dies ist gerade nicht der Fall. Der Deutsche Bundestag und alle anderen nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten erhalten mit diesem Vertrag mehr Rechte! Diese gehen soweit, dass ein einziges Parlament Klage vor dem Europäischen Gerichtshof einlegen kann, wenn es Zweifel an der Subsidiarität hat, d.h. wenn das Parlament bezweifelt, dass die EU hier zuständig ist. In Deutschland haben wir dafür gesorgt, dass der Bundestag diese Klage erheben muss, wenn ein Viertel seiner Mitglieder einen Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip erkennt.

Der Bundestag hat aber noch weitere Befugnisse. Nach Art. 23 (2) des Grundgesetzes wirken in Deutschland Bundestag sowie Bundesrat in Angelegenheiten der Europäischen Union mit. Die Bundesregierung hat den Bundestag und den Bundesrat umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu unterrichten. Nach Absatz 3 gibt sie dem Bundestag Gelegenheit zur Stellungnahme vor ihrer Mitwirkung an Rechtsetzungsakten der Europäischen Union und muss die Stellungnahmen bei ihren Verhandlungen berücksichtigen. Die Bundesregierung muss im Rat sogar einen Parlamentsvorbehalt einlegen, wenn der Beschluss des Bundestages in seinen wesentlichen Belangen nicht durchsetzbar ist. Diese Informations- und Beteiligungsrechte sind in einer weitreichenden Vereinbarung zwischen Bundestag und Bundesregierung in EU-Angelegenheiten ausführlich geregelt worden. Diese Regelung wurde flankierend zum Vorläufer des Vertrags von Lissabon getroffen.

Die Vereinbarung finden Sie unter diesem Link:

http://dip.bundestag.de/btd/16/026/1602620.pdf

Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Trittin