Frage an Jürgen Trittin von Simon R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Trittin,
Ich bin Schüler in der Oberstufe des Eichsfeld Gymnasiums in Duderstadt. Im Rahmen unseres Religionsunterrichtes bearbeiten wir im Moment das Thema Sterbehilfe in spezieller Bezugnahme auf die schon einige Zeit zurückliegende Bundestagsdebatte um eine gesetzliche Regelung der Patientenverfügung. Über den allgemeinen Inhalt des Gesetzesentwurfes bin ich informiert.
Für ein kleines Meinungsbild haben wir im Kurs beschlossen, die Politiker unseres Wahlkreises und die des angrenzenden Wahlkreises in Thüringen einmal über ihre Meinung zu der Gesetzesinitiative zu befragen. Daher möchte ich Ihnen einige kurze Fragen stellen:
1.Wie stehen Sie zu dem Thema „Sterbehilfe“ und speziell: „rechtliche Regelung der Patientenverfügung“?
2.Haben Sie für oder gegen den Gesetzesentwurf gestimmt?
3.Welche Gründe haben Sie hauptsächlich zu dieser Entscheidung bewegt?
Ich hoffe, dass die Bearbeitung meiner Fragen nicht allzu viel Zeit in Anspruch nimmt und bedanke mich schon einmal im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
S. Reineke
Sehr geehrter Herr Reinecke ,
vielen Dank für Ihr Interesse an dem Thema Patientenverfügung .Das Thema Selbstbestimmungsrecht am Lebensende greift tief in den Bereich individueller Wertevorstellungen jedes einzelnen Menschen, ist von persönlichen Erfahrungen geprägt und hat auf die Entscheidungsfreiheit eines Menschen an seinem Lebensende große Auswirkungen.
Grundlegend lässt sich feststellen: Das Selbstbestimmungsrecht gehört zum Kernbereich der grundgesetzlich geschützten Würde und Freiheit des Menschen. Schwierig wird es, wenn die Selbstbestimmung nicht mehr gegeben ist. Diese Situation stellt hohe ethische Anforderungen an alle Beteiligten. Eine Patientenverfügung kann genau für diese Situationen verfasst werden. Es herrscht unter Ärztinnen und Ärzten, Pflegerinnen und Pflegern jedoch große Unsicherheit wie mit Patientenverfügungen im klinischen Alltag umgegangen werden soll.
Bündnis 90/ DIE GRÜNEN haben deshalb in der vergangenen und weiteren Diskussion das Ziel, das Selbstbestimmungsrecht am Lebensende zu stärken und Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen. Hierbei geht es um schwierige Abgrenzungsfragen -- etwa wie weit, wie lange der Wille eines Kranken reicht.
Auch am Lebensende muss ein würdevolles Leben ohne Schmerzen möglich sein, und zwar an dem Ort, den die Betroffenen wünschen. Die Rahmenbedingungen für ein Sterben in Würde bedürfen in Deutschland weiterhin deutlicher Verbesserungen.
Dies ist ein schwieriges Feld und wir haben uns in dieser Diskussion für eine individuelle Sterbebegleitung mit einem hohen Maß an Selbstbestimmung eingesetzt. Dazu gehören für uns vor allem die Stärkung der Palliativmedizin und Schmerztherapie sowie die Weiterentwicklung der Hospizarbeit und der Möglichkeiten, Schwerstkranke auf Wunsch zu Hause zu begleiten und pflegen. Es geht nicht um "Sterbehilfe", sondern um Begleitung in der letzten Phase des Lebens- um eine Sterbebegleitung die auf die Linderung von Schmerzen und anderen Krankheiten ausgerichtet ist und den Patientinnen und Patienten soviel Lebensqualität und Rechte wie möglich erhält, um ihnen auf diese Weise auch ein menschenwürdiges Sterben zu ermöglichen. Gerade schwerstkranken Menschen und ihren Betreuenden/ Begleitern muss zudem neben der bestmöglichen Hilfe auch eine gute psychologische/ psychotherapeutische Unterstützung zuteil werden.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Trittin