Frage an Jürgen Trittin von Tino P. bezüglich Naturschutz
Hallo,
über 50.000 Menschen haben bereits die Petition für das Ende der Straflosigkeit von Ökozid, auf Change.org, unterzeichnet, damit unsere Lebensgrundlagen vor weitreichenden, langfristigen und schweren Zerstörungen von Ökosystemen und natürlicher Umgebung mit den Mitteln des Strafrechts geschützt werden.
Das Europäische Parlament hat am 20.01. ein historisches Zeichen gesetzt, indem es auf Antrag von Salima Yenbou (Die Grünen/EFA) EU und Vertragsstaaten nahe gelegt hat, "die Anerkennung des „Ökozids“ als internationales Verbrechen im Sinne des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) voranzubringen" und mehr noch.
Das Europäische Parlament "hält die Rechenschaftspflicht für diese Verletzungen (...) für wesentlich." (https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2021-0014_DE.pdf Rdnr. 12)
Wir nehmen diese Aufforderung des Europaparlaments persönlich und hoffen, dass Sie es auch tun.
Leider beweist die Bundesregierung durch ihre Blockade des Lieferkettengesetzes, dass sie Konzernverantwortung und Rechenschaftspflicht für Menschenrechte und Umwelt als Standortnachteil missdeutet.
Deswegen sind wir der Ansicht, dass der Aufforderung des Europäischen Parlaments tatkräftig von den Parlamentarier*innen des Bundestags nachgekommen werden muss: Kurzfristig durch eine aktuelle Stunde im Bundestag und durch das Ziel "Beendigung der Straflosigkeit von Ökozid durch Straftatbestand in Römischen Statut, StGB und - nach Ratifizierung im Römischen Statut- VStGB im Wahlprogramm von Bündnis 90/die Grünen.
Unsere Fragen:
1. Sind Sie bereit, eine Aktuelle Stunde im Bundestag zu beantragen, sodass eine Aussprache erfolgen kann, wie der Aufforderung des Europäischen Parlaments, die Strafbarkeit von Ökozid voranzubringen, innerhalb dieser Legislaturperiode nachgekommen wird?
2. Was unternehmen Sie, um die Strafbarkeit von Ökozid in das Wahlprogramm Ihrer Partei für die kommende Bundestagswahl aufzunehmen?
Lieber Tino Pfaff,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage. Ich teile ihre Überzeugung und begrüße natürlich auch die Initiative meiner französischen Parteikollegin Salima Yenbou, dass sowohl die EU als auch Mitgliedsstaaten die Anerkennung des „Ökozids“ als internationales Verbrechen voranbringen sollten.
Die Klimakrise, das rapide Artensterben, die Vermüllung der Erde mit Plastik: Alle die großen Umweltkrisen unserer Zeit sind menschengemacht und werden jeden Tag größer. In diesem Kontext braucht es dringend eine Debatte über Verantwortlichkeiten, die Weiterentwicklung des Umweltrechts und des Umweltstrafrechts, aber auch über den Vollzug bestehender Gesetze sowie den Stellenwert des Vorsorge- und Verursacherprinzips.
Hier gibt es bereits Regelungen wie zum Beispiel die Paragrafen 324 bis 330 d) des Strafgesetzbuches (Straftaten gegen die Umwelt), die wie alle Gesetze regelmäßig, an sich verändernde Rahmenbedingungen, angepasst werden müssen. Solche nationalen Regelungen stoßen jedoch in einer globalisierten Welt immer an Grenzen. Deshalb halte ich es für richtig, über das bestehende nationale Recht hinaus auch die Debatte zur Weiterentwicklung eines internationalen Umweltschadens-, Haftungs- und Umweltstrafrechts zu führen. Das Ziel muss eine erfolgreiche, überstaatliche und strafrechtliche Bekämpfung von Umweltzerstörung sein.
Die dazu abgestimmte Entschließung des Europäischen Parlaments (https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2021-0014_DE.pdf), auf die auch Sie sich berufen, sehen wir Grüne dabei als relevanten Diskussionsbeitrag, wie einer langfristigen und erheblichen Beschädigung oder Zerstörung von Ökosystemen auch international im Wege des Strafrechts entgegengewirkt werden kann.
Sie stellen zudem noch zwei explizite Fragen, die ich an dieser Stelle gerne aufgreifen und beantworten möchte:
1. Sind Sie bereit, eine Aktuelle Stunde im Bundestag zu beantragen, sodass eine Aussprache erfolgen kann, wie der Aufforderung des Europäischen Parlaments, die Strafbarkeit von Ökozid voranzubringen, innerhalb dieser Legislaturperiode nachgekommen wird?
Ich befürworte natürlich die Befassung dieses Themas im Deutschen Bundestag. Formal eignet sich dazu aber aus meiner Sicht nicht das Instrument der aktuellen Stunde. Hierzu wäre ein Antrag und die Debatte in den Ausschüssen das richtige Instrument.
2. Was unternehmen Sie, um die Strafbarkeit von Ökozid in das Wahlprogramm Ihrer Partei für die kommende Bundestagswahl aufzunehmen?
In unserem neuen Grundsatzprogramm von Bündnis 90/Die Grünen fordern wir die internationale Staatengemeinschaft ausdrücklich dazu auf, eine Gerichtsbarkeit zu schaffen, die diese Verbrechen gegen die Umwelt unabhängig und grenzüberschreitend verfolgt. Auch in Partei und Fraktion diskutieren wir dieses Thema bereits fortlaufend und erwarten, dass die Debatte auch in Deutschland weiter an Fahrt aufnehmen wird.
Mit besten Grüßen
Jürgen Trittin