Frage an Jürgen Trittin von Magdalena R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Trittin,
ich arbeite bei einem Träger der Eingliederungshilfe mit psychisch erkrankten bzw. psychisch behinderten jungen Erwachsenen. Unsere Firma zählt ca. 200 Mitarbeiter*innen und betreut die teilnehmenden Rehabilitand*innen in unterschiedlichen Maßnahmen. Wir sind abhängig von den Sätzen, die die Kostenträger pro Teilnehmer zahlen. Sollten die Kostenträger im Verlauf der nächsten Wochen die Zahlungen einstellen, kann die Firma aufgrund ihrer Rechtsform nur bedingt und kurzzeitig "puffern", was fehlt. Kurzarbeit und erste Entlassungen wären die unmittelbare Folge, die mittelbare die Existenz der Firma. Es kann nicht im Interesse der Kostenträger sein, nach der aktuellen Krise eine zusammengebrochene Trägerstruktur vorzufinden, zumal wir in den nächsten Monaten nicht weniger psychisch belastete Menschen, sondern mehr sehen werden.
Daher bitte ich Sie als Abgeordneten der Grünen im Bundestag, Überlegungen zu einem Sozialfonds für Träger der Eingliederungshilfe anzustreben bzw. zu kommunizieren, falls es diese Überlegungen bereits gibt. Bitte helfen Sie denen, die sich tagtäglich um die chronisch kranken oder behinderten Mitglieder dieser Gesellschaft kümmern. Denn wir würden es gerne weiterhin tun.
Herzlichen Dank für Ihre Arbeit bisher und bleiben Sie gesund!
Magdalena Rümenap
Sehr geehrte Frau Rümenap,
vielen Dank für Ihren Brief! Bitte entschuldigen Sie die späte Rückmeldung. Ich kann Ihnen versichern, dass die Corona-Pandemie und ihre Folgen im Bundestag und auch in der grünen Bundestagsfraktion immer noch höchste Priorität haben. Und seit Beginn der Krise sind ja umfangreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht worden, die auch den Bereich der Träger der Eingliederungshilfe betreffen.
Ende März haben alle demokratischen Fraktionen im Bundestag gemeinsam mit dem Bundesrat in einem beispiellosen Schnellverfahren das sogenannte „Sozialschutz-Paket“ verabschiedet. Mit dem „Sozialschutz-Paket“ der Bundesregierung und weiteren Schritten haben Bundestag und Bundesrat ein umfassendes Maßnahmenpaket zur sozialen Bewältigung der Coronakriseverabschiedet. Wir Grüne begrüßen diesen Schritt grundsätzlich. Jedoch zeigt sich in der Umsetzung, dass die Maßnahmen nicht in vollem Umfang ihre Zielsetzungen zur Verbesserung der akuten Lage im sozial- und arbeitsmarktpolitischen Bereich erfüllen. Dies gilt auch für viele Sozialunternehmen und Leistungserbringer im Bereich der psychiatrischen Versorgung.
In unserem Antrag „Coronahilfen: Sozialunternehmen in der Krise eine Chance geben“ fordern wir daher die Bundesregierung auf, weitere Soforthilfeprogramme zu erarbeiten, die sich an Sozialunternehmen/gemeinnützige Unternehmen richten. Außerdem sollten für gemeinnützige Unternehmen weitere Liquiditätshilfen und Förderprogramme der KfW geöffnet werden. Sie finden den Antrag unter folgendem Link: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/187/1918714.pdf.
Grundsätzlich wäre auch ein „Rettungsschirm Zivilgesellschaft“ für kleine, gemeinnützige Organisationen notwendig, um hierüber schnell und unbürokratisch Nothilfen für existenzbedrohte, zivilgesellschaftliche Organisationen zu gewähren. Dies fordern wir in unserem Antrag „Rettungsschirm Zivilgesellschaft – jetzt Soforthilfe für kleine und gemeinnützige Organisationen aufgrund der COVID-19-Pandemie schaffen“: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/187/1918709.pdf.
Aus unserer Sicht wäre es außerdem notwendig, für die Zeit der Corona-Pandemie die Regelsätze (SGB II, SGB XII und AsylbLG) sowie Mehrbedarfszuschläge für behinderte, (chronisch) kranke, schwangere und alleinerziehende Menschen anteilig zu erhöhen. Dazu haben wir den Antrag „Mit einem Corona-Aufschlag in der Grundsicherung das Existenzminimum sichern“ eingebracht. Sie können unseren Antrag hier nachlesen: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/187/1918705.pdf.
Gerade in Krisenzeiten benötigen erkrankte/psychisch behinderte junge Erwachsene ausreichend Personal, um gut betreut zu werden. Wir Grüne werden die Situation von Eingliederungshilfen weiterhin im Blick haben und uns dafür einsetzen, dass die dort Beschäftigten ausreichend finanziert und unterstützt werden.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen für den Moment weiterhelfen. Falls Sie weitere Anregungen haben, melden Sie sich gerne nochmals bei uns.
Viele Grüße nach Göttingen!
Ihr
Jürgen Trittin