Frage an Jürgen Trittin von Hanspeter E. bezüglich Soziale Sicherung
Als Kriegsdienstverweigerer und Zivildienstleistender habe ich mich natürlich über die Abschaffung der Allgemeinen Wehrpflicht gefreut. Schwachsinnig fand ich allerdings die gleichzeitige Abschaffung des Zivildienstes, die vielen öffentlichen Einrichtungen wichtige Arbeitskräfte entzogen hat (Pflegenotstand, Personalmangel in Krankenhäusern etc.) . Wäre es nicht sinnvoll, ein Soziales Pflichtjahr für alle (Männlein und Weiblein) einzuführen mit einer großen Auswahl an Einsatzmöglichkeiten, durchaus auch der Bundeswehr, und damit zugleich eine Zeit der Erfahrung und Besinnung für Schul- oder Studienabgänger zu schaffen, denen vielfach eine Orientierung auf dem Arbeitsmarkt schwer fällt (zahlreiche Kurzpraktika, abgebrochene Ausbildungen oder Studiengänge zeugen davon - zudem spreche ich aus Erfahrung mit drei Söhnen) ?
Sehr geehrter Herr E.,
vielen Dank für Ihre Frage. Wir Grüne sind gegen ein soziales Pflichtjahr für Schulabgängerinnen und Schulabgänger, da Zwangsdienste einen tiefen staatlichen Eingriff in die Rechte von Menschen und ihre persönliche Lebensplanung darstellen. Wir setzen auf Freiwilligendienste, denn sie eröffnen jungen Menschen neue Horizonte. Deshalb kämpfen wir im Bundestag für die Weiterentwicklung der Freiwilligendienste und die Stärkung bürgerlichen Engagements: Wir fordern, dass zukünftig jeder junge Mensch nach dem Schulabschluss die Chance auf ein freiwilliges Jahr in dem Bereich seiner Wahl haben soll. Sei es im Sport, im Naturschutz, in der Kita, der Pflege oder im Kulturzentrum. Egal ob vor Ort, am anderen Ende Deutschlands oder auf der anderen Erdhalbkugel. Engagement lohnt sich überall und soll überall möglich sein.
Um mehr jungen Menschen diese Möglichkeit zu eröffnen, fordern wir, dass die Zahl der Freiwilligendienstplätze auf 200.000 erhöht wird. Den Freiwilligen wollen wir ein persönliches Coaching mit Angeboten zur Berufsfindung, Ausbildung und Studienplanung geben. Im Dienst erworbene Kompetenzen sollen als Ausbildungs- oder Studienleistungen anerkannt werden können. Wer sich in hohem Maße neben der Schule ehrenamtlich für unsere Gesellschaft engagiert oder nach dem Schulabschluss ein Lebensjahr in den Freiwilligendienst steckt, dem möchten wir Danke sagen und eine Starthilfe von 1.500 Euro für den weiteren Weg ins Leben mitgeben.
Die schwarz-rote Bundesregierung hat sich einer Weiterentwicklung des Freiwilligendienstes jedoch verweigert. Wir Grüne im Bundestag werden weiterhin für den Ausbau der Freiwilligendienste kämpfen.
Der Antrag „Freiwilligendienste ausbauen und weiterentwickeln, Engagement anerkennen und attraktiver machen“ der grünen Bundestagsfraktion war ein erster Schritt in diese Richtung. Den Antrag können Sie hier nachlesen: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/128/1812804.pdf.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Trittin