Frage an Jürgen Trittin von Zsolt S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Gesetz zur Bestandsdatenauskunft
Sehr geehrter Herr Trittin,
im Schatten der Abhörskandale(n), die wir schon kennen und die die wir noch erfahren werden, ist ein neues Gesetz in Kraft getreten das sehr-sehr-sehr an die Praktiken der NSA ähnelt. Ich habe ein Bericht gelesen ( http://www.heise.de/tp/artikel/39/39408/1.html ) das mich noch stutziger macht.
Leider haben wir, die "kleine Bürger", viel zu wenige Möglichkeiten so einen Fall aufzuklären und unser Lobby (das sind Sie, die gewählte Politiker) vernachlässigt uns und unsere Interessen, ABER wäre es möglich dieses Gesetz irgendwie auf ein "Stand by" Status zu setzen solange die Rolle der Bundesregierung in diesen ganzen Abhörskandal geklärt werden wird?
Es ist klar, jedes Land betreibt Spionage - das muss man leider so hinnehmen – und die BRD ist auch kein Unschuldslamm aber es wäre schön auch zu wissen wie weit die Bundesregierung in diese Spionageaffäre eingebunden/mitverantwortlich/teil-schuldig ist. Das wir davon nichts wussten ist eine dreiste Aussage, zumindest von jemand aus dem engeren Kreis der Führungsriege der BRD.
Es wäre schön und beruhigend, wenn Sie mich/uns mit klaren Worten ein bisschen beruhigen könnten bzw. Klartext reden könnten. Die Wahrheit tut manchmal weh, aber es ist besser es zu kennen als in Unsicherheit zu leben.
Danke im Voraus.
Sehr geehrter Herr Schumacher,
vielen Dank für Ihre Frage. Sie sprechen darin zwei Aspekte an: die Ausspäh-Affäre durch die Geheimdienste von USA und Großbritannien und das Gesetz zur Bestandsdatenauskunft.
In der Ausspäh-Affäre fordern wir Angela Merkel und ihre Regierung inzwischen seit Monaten auf, die Menschen in Deutschland vor Überwachung zu schützen und für Aufklärung zu sorgen. Nichts dergleichen geschieht. Um selbst zur Aufklärung beizutragen, hatte die grüne Bundestagsfraktion 104 Fragen zum Komplex „Überwachung der Internet-und Telekommunikation durch Geheimdienste der USA, Großbritanniens und in Deutschland“ an die Regierung gerichtet. Die nun vorliegende Antwort zeigt: Die Regierung steckt weiter den Kopf in den Sand. Mindestens 21 von 104 Fragen hat die Bundesregierung gar nicht oder nicht offen beantwortet und weitere für sie heikle Fragen bewusst ignoriert, so zum Beispiel die Frage, ob der US-amerikanische Geheimdienst NSA auch Kabel „in Bezug auf Deutschland“ anzapft. Die Fragen samt Antworten finden Sie unter http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/17/147/1714739.pdf
Auch die (Nicht-)Antworten haben uns aber deutlich gezeigt, dass die Bundesregierung es weiterhin unterlässt, von den USA und Großbritannien energisch Aufklärung zu fordern sowie auf ein Ende der Ausspähung von Menschen und Unternehmen in Deutschland zu dringen.
Der zweite Aspekt ihrer Frage betrifft die Bestandsdatenauskunft. Wir finden die jetzt beschlossene Neuregelung der Bestandsdatenauskunft skandalös: die Merkel-Regierung schafft zusätzliche verfassungsrechtlich fragwürdige Eingriffsbefugnisse. Mit dem Gesetz zur Bestandsdatenspeicherung hat sie die Befugnisse von Polizei und Geheimdiensten noch einmal erheblich ausgeweitet. Diese können ab sofort sogenannte Bestandsdaten selbst bei geringsten Ordnungswidrigkeiten abfragen und bekommen einen erleichterten und nahezu voraussetzungslosen Zugang auf Kundendaten, wie etwa Anschrift oder IP-Adressen.
Damit betreibt die Bundesregierung eine Politik der Verunsicherung im Internet. Dabei muss das Telekommunikationsgeheimnis gestärkt, nicht geschwächt werden, denn die Unbeobachtetheit der Kommunikation ist konstitutiv für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat.
Das Gesetz wurde neben den Unionsfraktionen und der FDP auch von der SPD-Fraktion mitgetragen. Wir GRÜNEN haben uns deutlich dagegen positioniert. Wir streiten auch weiterhin für den Schutz unserer persönlicher Daten, weil wir wissen, wie gläsern unser Leben durch den Einblick in unsere Telekommunikationsdaten wird.
Viele Grüße,
Team Trittin