Portrait von Jürgen Trittin
Jürgen Trittin
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Jürgen Trittin zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Georg M. •

Frage an Jürgen Trittin von Georg M. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Bohle,
sehr geehrter Herr Trittin,

ich beziehe mich auf Ihre Antwort vom 09.01.2013.
Sie meinen darin, dass Deutschland auf einen generellen Arbeitskräftemangel zusteuert Das kann ich nicht nachvollziehen. Es kommen aus anderen EU-Ländern keinesfalls nur Gutqualifizierte. Oftmals nutzen die Arbeitgeber einfach die Lage im Süden Europas aus, um die Einwanderer auszunutzen.

Die FAZ hat 2008 in einem Bericht geschrieben, dass 3,2 Mio. Arbeitslose nicht in der Statistik auftauchen. Zum besseren Verständnis sende ich Ihnen den Link dazu mit:

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/beschaeftigung-3-2-millionen-arbeitslose-gelten-nicht-als-arbeitslos-1512738.html

Ich meine, dass sich das nicht wesentlich geändert hat. Wie kommen Sie dann zu der Aussage, dass wir bald einen Arbeitskräftemangel haben? Man müsste nur die Reserven reaktivieren, indem man Arbeitslosen eine faire Chance gibt. Es arbeiten zudem Millionen Menschen in prekären Jobs.

Konkret würde mich interessieren, was die Grünen tun möchten, um den Menschen eine Chance zu geben, die ihren Beruf nicht mehr ausüben können und die keine Chance mehr haben, weil sie krank sind? Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mit 35 Jahren chancenlos bleiben soll.
Das Amt hat mir noch nie geholfen! Jeder Bewerbung folgt eine Absage!
Setzen sich die Grünen dafür ein, dass bei einer Zweitausbildung dennoch mit Hartz IV aufgestockt werden kann?
Und wollen die Grünen Anreize schaffen, damit Arbeitgeber auch Menschen mittleren Alters eine Ausbildung anbieten?

Mit freundlichen Grüßen

Georg Mayer

Portrait von Jürgen Trittin
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Mayer,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Anbei unsere Antwort:
 
Zur Bewlätigung des Fachkräftemangels genügt es nicht, auf ein einzelnes Instrument zu setzen. Einheimische und Einwanderer dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Angesichts der absehbaren demografischen Entwicklung und des daraus resultierenden Rückgangs an Arbeitskräften müssen ein kluger Mix aus Bildung, Qualifizierung, Aktivierung zurzeit nicht genutzter Fachkräftepotenziale sowie die Neuregelung der Arbeitskräfteeinwanderung auf den Weg gebracht werden. Nur so können negative Folgen für die Wirtschaft, die Sozialsysteme und nicht zuletzt für die betroffenen Menschen verhindert werden.
Grundlage sämtlicher Fachkräftestrategien ist ein guter Bildungsstart für die Kleinsten, ein Berufsbildungssystem, das alle Jugendlichen zu einem beruflichen Abschluss führt, und ein offenes Hochschulsystem ohne soziale Schranken. Es dürfen nicht weiterhin bis zu 20 Prozent eines Jahrgangs die Schule ohne oder mit einem ungenügenden Schulabschluss verlassen und dadurch kaum eine Chance auf dem Arbeitsmarkt und ein Leben in Selbstständigkeit und Unabhängigkeit haben.

 Wer es ernst damit meint, die einheimischen Arbeitskraftpotenziale besser nutzen und das Konzept des lebenslangen Lernens umsetzen zu wollen, muss gute Rahmenbedingungen für Weiterbildung schaffen. Dafür muss ein Schwerpunkt auf Zukunftsberufe gesetzt werden. Außerdem ist es notwendig, besonders diejenigen für Qualifizierung zu gewinnen, die bisher von Weiterbildungsprogrammen kaum erreicht wurden: Ältere, Frauen in oder nach der Familienphase, Menschen mit Migrationshintergrund und Geringqualifizierte. Die dringlichsten Manahmen, mit denen bis 2013 eine Million zusätzliche Qualifizierungsangebote und Integrationschancen geschaffen werden können, lauten:

a) Die von der Bundesregierung vorgenommenen Kürzungen bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik müssen zurückgenommen werden. Die Mittel der Arbeitsförderung sollen auf Qualifizierungsangebote für zukunftsorientierte Berufe, wie zum Beispiel Pflegefachberufe, Betreuung, Erziehung und weitere regional identifizierte Zukunftsberufe konzentriert werden. Insbesondere die Umschulungen für die Pflegeberufe und im Erziehungsbereich sollen auch über zwei Jahre hinaus gefördert werden.
 
b) Es wird eine doppelte 50-Prozent-Quote für Weiterbildungsmanahmen eingefhrt, die über das Dritte Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und das SGB II gefördert werden. Die Quoten sollen dafür sorgen, dass sich 50 Prozent der Maßnahmen an Geringqualifizierte richten und wiederum 50 Prozent davon zu einem anerkannten Berufsabschluss führen. Die Vermittlung von Geringqualifizierten in Weiterbildungsmaßnahmen darf darüber hinaus nicht länger ausschlielich über Bildungsgutscheine erfolgen.
 
c) An die Stelle des so genannten Meister-BaFG muss ein Erwachsenenbildungsförderungsgesetz treten, das für mehr Gruppen als bisher Anreize zur Weiterbildung setzt. Dafür muss zuüknftig auf starre Altersgrenzen verzichtet, der berufliche Wechsel in Zukunftsbranchen ermöglicht und eine auf die individuelle Situation zugeschnittene Finanzierung des Lebensunterhaltes in der Weiterbildungsphase sichergestellt werden.

 Das Potenzial vieler einheimischer Fachkräfte wird zurzeit nur ungenügend genutzt. Dies betrifft vor allem Frauen und Ältere. Sie sind trotz guter Qualifikationen unterdurchschnittlich erwerbstätig. Gleiches gilt für viele Menschen mit Behinderung, denen der Zugang zum ersten Arbeitsmarkt häufig nicht eröffnet wird. Um diese und weitere Potenziale zukünftig besser zu nutzen, ist eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Schaffung von alterns- und altersgerechten Arbeitsbedingungen und die Verbesserung der individuellen Förderung von Menschen mit Behinderung notwendig.

 
Darüber hinaus halten wir aber auch den weiteren Zuzug von ausländischen Fachkräften für notwendig und wünschenswert. Allein die bessere Förderung von inländischen Arbeitskräften wird nicht ausreichen, um den bereits jetzt bestehenden Bedarf an qualifizierten Fachkräften zu decken. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, den Zuzug ausländischer Fachkräfte zu vereinfachen und transparenter zu gestalten, damit sich mehr Menschen für eine Arbeitsaufnahme und ein Leben in Deutschland entscheiden.

 
Mit freundlichen Grüßen

i.A. Philip Bohle
Wissenschaftlicher Mitarbeiter

 
Jürgen Trittin MdB

Portrait von Jürgen Trittin
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Mayer,

wir werden uns an zwei Zahlen gewöhnen müssen: viele offene Stellen und dennoch eine zu hohe Zahl von Arbeitslosen. Sie haben völlig recht, wir tun gut daran, unsere Reserven zu heben. Das beginnt bei der Weiterbildung und hört bei besserer Kinderbetreuung nicht auf. Aktive Arbeitsmarktpolitik sowie bessere Kinderbetreuung sind deswegen Teile der Grnen Antwort auf den Fachkrftemangel.
 
Dass Ihnen die Bundesagentur für Arbeit bisher nicht geholfen hat, ist schlimm. Es ist die Aufgabe der MitarbeiterInnen dort, sich für Sie einzusetzen. Ich wrde Ihnen raten, sich zu beschweren und nicht locker zu lassen.
Wir treten fr ein Erwachsenen-BaföG ein, damit eine Berufsausbildung/Studium auch in einem etwas fortgeschrittenen Alter noch finanziert werden kann.
 
Mit freundlichen Grüßen
 
Team Trittin
 
Philip Bohle