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Jürgen Trittin
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Frage von Norbert W. •

Frage an Jürgen Trittin von Norbert W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Herr Trittin,

war die Männerwehrpflicht ein Bruch des GG? Niemand darf aufgrund seines Geschlechtes benachteiligt werden heißt es im Grundgesetz, aber Männer mußten aufgrund ihres Geschlechtes Kriegsdienst oder Zwangsarbeit ableisten, also lag doch hier ein klarer Grundgesetzbruch vor. Dabei war die Wehrpflicht nicht nur eine Benachteiligung, sondern eine massive Menschenrechtsverletzung, vom Kriegs oder Krisenfall ganz zu schweigen. Politiker halten zur Rechtfertigung zwei Antworten bereit:

1. Es steht im Gesetz
2. Frauen bekommen Kinder

Die 1 Antwort könnte auch von êinem chinesichen Politiker sein, sie erklärt oder rechtfertigt nichts.
Die zweite Antwort ist entweder dumm oder dreist, erklären muß ich das sicher nicht.

Haben Sie eine redliche Begründung dafür, warum die Wehrpflicht nicht gegen das GG verstieß und weder eine Benachteiligung noch eine Menschenrechtsverletzung vorlag? Wenn es keine redliche Begründung gibt, warum liefen die grünen nicht Sturm in den Medien, so wie sie es bei weiblicher Benachteiligung doch immer tun?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Weber,

vielen Dank für Ihre Frage.

Das Thema Wehrpflicht hat sich gewissermaßen ja erledigt, denn sie ist ausgesetzt und damit de facto abgeschafft. Dieses wurde nicht zuletzt durch Nachdruck der Wehrpflichtgegner, die die Grünen von Anfang an waren und als politische Kraft angeführt haben, erreicht. Wir haben immer beklagt, dass es sich bei der Wehrpflicht um eine sicherheitspolitische (sowie auch betriebs- und volkswirtschaftliche) Unsinnigkeit handelt und sie eine Ungerechtigkeit darstellt aufgrund der Praxis der Einberufung zum Ende der Wehrpflichtzeit (nur max. 15% eines Jahrgangs wurden zuletzt zum Wehrdienst einberufen, daher konnte man von einer allgemeinen Wehrpflicht -- die ja auch die Gesellschaft widerspiegeln sollte -- nicht mehr sprechen). Des Weiteren stellte die Wehrpflicht einen tiefen Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte junger Männer dar und benachteiligte deutsche Wehrpflichtige erheblich im Gegensatz zu ihren weiblichen Altersgenossen. Wir haben diese Probleme immer offen kritisiert und uns politisch für die Beendigung der Wehrpflicht eingesetzt. Sie steht nach wie vor im GG und wir Grüne würden auch für eine GG-Änderung stimmen. Relevant ist aber das Ergebnis selber: das de facto Ende der Wehrpflicht.

Mit freundlichen Grüßen

Jürgen Trittin