Frage an Jürgen Trittin von Peter J. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Trittin,
was halten Sie von dem Gesetzesentwurf zur Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung / Bestandsdatenabfrage der im Jahr 2013 zur Abstimmung kommen soll?
In mehreren Punkten halten ich den Gesetzentwurf für verfassungswidrig:
1. Es fehlt bereits die verfassungsrechtlich gebotene abschließende Bestimmung, welche Vorschriften einen Zugriff auf Kommunikationsdaten erlauben sollen (einfachgesetzliches Zitiergebot).
2. Es fehlt die verfassungsrechtlich geforderte Beschränkung des Datenzugriffs auf Einzelfälle.
3. Entgegen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sollen Zugriffe auf Kommunikationsdaten durch Polizeibehörden nicht beschränkt werden auf Fälle konkreter Gefahr oder des Verdachts einer Ordnungswidrigkeit oder Straftat. Entgegen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts soll die Identifizierung von Internetnutzern selbst zur Ermittlung geringfügiger Ordnungswidrigkeiten zugelassen werden.
4. Entgegen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts soll die Identifizierung von Internetnutzern durch Geheimdienste keine tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer konkreten Gefahr voraussetzen.
5. Es ist unklar und nicht kontrollierbar, unter welchen Voraussetzungen Anbieter Zugriffscodes wie Mailbox-PINs oder E-Mail-Passwörter an Staatsbehörden herausgeben dürfen.
6. Es fehlt die verfassungsrechtlich gebotene Benachrichtigung von Internetnutzern, deren Identität ermittelt worden ist. Der Bund will Anbietern sogar verbieten, ihre Kunden freiwillig zu benachrichtigen, selbst wo die Länder Stillschweigen nicht anordnen (z.B. bei Suizidgefahr oder Vermissten).
Meine Position ist: Der Staat darf auf Kommunikationsdaten allenfalls mit richterlicher Anordnung und zur Aufklärung schwerer Straftaten oder zur Abwehr von Gefahren für wichtige Rechtsgüter zugreifen. Einen Zugriff durch Geheimdienste lehne ich in jedem Fall ab, ebenso wie die Herausgabe von Zugriffscodes wie PINs und Passwörtern.
Mit freundlichen Grüßen
P. Jaekel
Sehr geehrter Herr Jaekel,
inzwischen hat das Gesetz zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft den Deutschen Bundestag passiert -- gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen. Wir sind der Meinung, dass durch das Gesetz der Grundrechtsschutz nicht erhöht, sondern weiter abgesenkt wird. Schon jetzt ist absehbar, dass auch gegen dieses Gesetz in Karlsruhe geklagt werden wird.
Zur weiteren Lektüre darf ich Ihnen die Rede meines Kollegen Konstantin von Notz zur 2. und 3. Lesung des Gesetzentwurfs empfehlen:
Mit freundlichen Grüßen,
Jürgen Trittin