Portrait von Jürgen Trittin
Jürgen Trittin
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Jürgen Trittin zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Sina B. •

Frage an Jürgen Trittin von Sina B. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Trittin

In einem Forum berichtete das Forumsmitglied fxe1200 über einen Mann, Herrn Gustl Mollath.
Ich hatte noch nie etwas von diesem Fall gehört und deshalb neugierig auf den angegeben Link geklickt.

Und war geschockt!

Da die Journalisten der TV-Sendung Report meines Wissens immer sehr gut recherchieren, scheint in Bayern tatsächlich eine Justizministerin im Amt zu sein, die wissentlich Geldwäsche und Steuerhinterziehung gedeckt hat.

So ein Vorgehen ist eines demokratischen Rechtsstatt absolut nicht würdig.

Aufgrund der Aussagen von Herrn Mollath gab es eine interne Überprüfung bei der HypoVereinsbank. Der interne Prüfungsbericht hat die Aussagen von Herrn Mollath bestätigt und es wurden daraufhin Mitarbeiter der HypoVereinsbank entlassen, die an Geldwäsche und Steuerhinterziehung beteiligt waren.

Aber seit nunmehr 9 Jahren wird Herr Gustl Mollath zwangsweise in der Psychiatrie festgehalten, obwohl er detaillierte Angaben zu Steuerhinterziehung und Geldwäsche gemacht hatte.

Meine Fragen an Sie:
Warum ist die Staatsanwaltschaft den detaillierten Aussagen von Herrn Mollath niemals nachgegangen?

Warum wurde mit einer Untersuchung so lange gewartet, bis glücklicherweise eine Verjährung eingetreten ist?

Waren Juristen der Staatsanwaltschaft oder Mitglieder des bayrischen Landtages selbst an Steuerhinterziehung beteiligt?

Warum stützt sich die Anklage und Verurteilung von Herrn Mollath offenbar ausschließlich auf die Aussagen seiner Ex-Frau, der selbst eine Verurteilung drohte, wenn sich die detaillierten Aussagen von Herrn Mollath bestätigen?

Wenn Herr Mollath seine Frau tatsächlich tätlich angegriffen hat – müsste es für eine Verurteilung dann nicht zwingend ein ärztliches Gutachten über die Verletzungen von Frau Mollath geben?
Oder Zeugen?

Warum wurde Frau Mollath von der HypoVereinsbank entlassen?

http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=noCqfV-G-e4

Mit ausgezeichneter Hochachtung

Sina Berg

Portrait von Jürgen Trittin
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Berg,

Auch wir kritisieren das desaströse Krisenmanagement der bayerischen Justizministerin Beate Merk.

Herr Mollath ist seit mehr als sechs Jahren in psychiatrischen Einrichtungen untergebracht. Nachdem er eine Strafanzeige gegen seine damalige Ehefrau und andere Angestellte der Hypo-Vereinsbank wegen Steuerhinterziehung in Höhe von mehreren Millionen Euro gestellt hatte, wurde er wegen Körperverletzung angezeigt. In diesem Strafverfahren wurde vom Gericht entschieden, dass seine Strafanzeigen auf einer Wahnvorstellung beruhen müssten und dass er psychisch krank und gefährlich sei. Darum hat ihn dieses Gericht in die Psychiatrie eingewiesen. Inzwischen wurde durch die Veröffentlichung eines internen Revisionsberichts der Hypovereinsbank deutlich, dass die Anschuldigungen Mollaths im Wesentlichen zutrafen. Zumindest in dieser Hinsicht ist Herr Mollath somit inzwischen rehabilitiert. Trotzdem hat die Justizministerin Merk zunächst Monate lang das Verhalten sowohl der Staatsanwaltschaft als auch der Gerichte gebetsmühlenartig und ohne Abstriche verteidigt.

Viele Entscheidungen der Staatsanwaltschaften und Justizministerium bleiben bis heute unverständlich.

Obwohl der zunächst bankinterne Revisionsbericht bereits seit Ende 2011 bekannt ist, wurde erst jetzt daraus die Konsequenz gezogen, das Verfahren und die Unterbringung zu überprüfen. Die bisherigen Urteile und Gutachten beruhen zumindest zum Teil auch auf der Annahme, die Aussagen Mollaths seien eine reine Wahnidee. Da nun bekannt ist, dass diese Aussagen sich auf tatsächliche Straftaten beziehen, ist es unerlässlich auch die Schlussfolgerungen neu zu überprüfen. Das Verhalten der Staatsministerin Merk, die sich zunächst Monate lang bockig gezeigt hatte, zeigt, dass sie vom Ministerpräsidenten entlassen werden sollte.

Daher haben die Grünen im Bayrischen Landtag zur Sitzung am 29.11.12 einen Dringlichkeitsantrag eingereicht, in dem die Entlassung der Bayerischen Justizministerin Beate Merk gefordert wird.

Insgesamt wird durch dieses Verhalten der Staatsregierung deutlich, dass es dringend notwendig ist, über eine wirkliche Unabhängigkeit der Justiz zu diskutieren. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern eine selbstverwaltete autonome Justiz. Für den Rechtsstaat und die Sicherung der Grundrechte der BürgerInnen ist eine strukturelle Absicherung dieser Unabhängigkeit wichtig. Wir wollen darum die Modelle und Forderungen der Verbände der Richterinnen und Richter gründlich prüfen. Die Art und Weise, wie durch Ansagen aus der Staatskanzlei nun gerichtliche Verfahren beeinflusst werden, mag sich im konkreten Fall der Unterbringung des Herrn Mollath im Ergebnis als der letztlich einzig richtige Weg, darstellen. Grundsätzlich ist eine solche Einmischung des Ministerpräsidenten aber ein schwerer Sündenfall.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Jürgen Trittin