Frage an Jürgen Trittin von Joerg L. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Trittin,
mit großem erschrecken muss man leider aktuell feststellen, wie man muss schon sagen "kaputt" der Arbeitsmarkt in Deutschland leider momentan ist, sh. Suchmaschinen wie stepstone.de ect..
Fast nur noch befristete und sogar fast nur noch geringer bezahlte über Leiharbeit angebotene Stellen, selbst als qualifizierter, erfahrener Einkäufer.Katastrophal!
Wie soll das aus Ihrer Sicht denn weiter gehen ?
Fast 20 bald 30, dann 50 Prozent der ArbeitnehmerInnen in befristeten und schlecht bezahlten Arbeitsverhältnissen ? Wo bleibt da die Teilhabe am immer noch wachsenden BIP und Reichtum ?
Warum schickt das viertreichste! Land der Welt, Menschen immer mehr in Niedriglöhne bzw. Hungerlöhne, in Armut, in Suppenküchen; an Tafeln und in die Altersarmut ? Wegen welchem Wettbewerb ? Wem nützt es ? Warum wird die Leistung von Millionen ArbeitnehmerInnen immer weniger dabei anerkannt ?
Geht das nicht auch aus volkswirtschaftlicher Sicht auch anders ?
Und warum wird diese Fragen nicht endlich einmal der Bevölkerung beantwortet ?
Es wird Zeit Fakten DEUTLICH zu benennen und TEILHABE in Form von höheren Löhnen und Renten einzufordern und eben nicht nur "Spielgeld" ( von wegen Investitionen - Wo denn in Hedgefonds ? )" an Banken, Versicherungen und andere Vermögende zu verschenken !!
Vielen Dank dafür.
Sehr geehrter Herr Lindeholz,
ich kann Ihren Ärger über diese Entwicklungen verstehen und teile Ihre Sorge voll und ganz.
Unter dem Einfluss neoliberalen Denkens und durch die Machtverschiebung zugunsten des Kapitals und der Investoren, die in der Folge der Globalisierung der Waren- und Finanzströme stattgefunden hat, ist die Sozialpartnerschaft in den letzten Jahrzehnten stark geschwächt worden. Für Schwarz-Gelb gilt sie im Grunde als Auslaufmodell. Da muss man gegensteuern. Um sie wieder zu stärken halte ich eine Reihe von politischen Maßnahmen für wichtig.
Wir müssen die Tarifbindung wieder erhöhen, unter anderem durch Allgemeinverbindlichkeitserklärungen von Tarifverträgen. Zeit- und Leiharbeit, Befristungen sowie Werkverträge müssen wir beschränken auf die betrieblichen Ausnahmesituationen, für die sie als Instrumente sinnvoll sind. Der flächendeckende Trend zu prekärer Beschäftigung und niedrigen Löhnen muss beschränkt werden. Wir brauchen endlich einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn und die Möglichkeit für bestimmte Branchen, höhere Mindestlöhne festzulegen.
Wir leben in einer der erfolgreichsten Volkswirtschaften der Welt, doch der geschöpfte Wert kommt bei vielen Arbeitnehmern nicht mehr an. Die stagnierenden Reallöhne der letzten Jahrzehnte sind schon aus Gerechtigkeitsgründen kritisch zu sehen. Sie sind aber auch volkswirtschaftlich fragwürdig. Die Verteilungsdynamik der letzten Jahre hat zu stagnierender Kaufkraft und lahmer Binnenkonjunktur auf der einen Seite und hohen Liquiditätsüberschüssen und Vermögenspreisblasen auf dem Finanzmärkten geführt. Das Resultat hieß Finanzkrise.
Und schließlich: Aus Hungerlöhnen werden Hungerrenten -- da hat Norbert Blüm recht. Hungerlöhne, Prekäre Beschäftigung, Minijobs treffen vor allem Frauen. Wer Altersarmt bekämpfen will muss da ran. Wir brauchen einen gesetzlichen Mindestlohn, wir müssen die Mini Jobs begrenzen und die Zeit- und Leiharbeit zurückfahren. Wer aber sein Leben lang, oder aber mindestens 30 Jahre lang dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden hat, der darf am Ende nicht in der Grundsicherung landen. Er muss eine Rente sicher haben, die über Armutsniveau liegt. Dafür entwickeln wir bei den Grünen unser Konzept der Garantierente. Ich habe der Rente mit 67 nicht zugestimmt, in meinen Augen wäre die Garantierente eine Voraussetzung dafür, die Verlängerung der Lebensarbeitszeit dann vielleicht auch zuzustimmen. In der Garantierente sollen auch Ausbildungszeiten, einige Jahre Kindererziehung, Erwerbsunfähigkeitsjahre und Arbeitslosigkeit bei der Anspruchsvoraussetzung zählen. Damit wäre schon einiges gegen Altersarmut getan.
Mit freundlichen Grüßen,
Jürgen Trittin