Frage an Jürgen Trittin von Volkhard E. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Trittin,
ich beziehe mich nochmals auf den grundsätzlichen Systemfehler bei unseren Arbeitskosten, zu dem ich Sie schon 2010 angesprochen hatte. Ihre damalige Antwort traf leider nicht den Kern des Problems.
Der Systemfehler bei den Arbeitskosten liegt darin, dass wir ebenfalls die Sozialkosten also KV,RV und ALV darin einschließen. Diese Sozialleistungen sind doch aber bereits Gewinne aus Arbeit, genau so wie zahlreiche andere Staatsleistungen für Bürger, die aus Steuerleistungen finanziert werden. Sie sollten daher auch erst von den Gewinnen finanziert werden. Insbesondere die Sozialabgaben aber auch die Lohnsteuer bei bereits niedrigen Löhnen erhöhen die Arbeitskosten in dem großen produktiven Arbeitsplatz-Bereich um über 100%. Im Übrigen ist es falsch, wenn behauptet wird, die Unternehmen hätten kaum Rationalisierungsdruck bei den Arbeitskosten, denn im Ursprung sind alle denkbaren Kosten Arbeitskosten und bei uns wollen immerhin 40 Mio AN beschäftigt werden.
Wenn der Staat also gerade seine Wohlstandsleistungen als Arbeitskosten deklariert, torpediert er damit seine eigene Leistungsfähigkeit, denn erst das fertige Produkt oder die Diensleistung also das Arbeitsergebnis kann den Wohlstand verbessern. Wenn die Arbeit aber hier durch Staatsabgaben zu teuer wird, wird das Arbeitsergebnis importiert und bei uns geht sowohl der Arbeitsmarkt wie auch der Staat leer aus. Der Unternehmer kann dann die eingesparten Staatseinnahmen als persönlichen Gewinn in seine Tasche stecken.
Die Folge dieses Systemfehlers: Unternehmergewinne steigen zu Lasten von AN und Staatseinnahmen, Staatsausgaben müssen dagegen sogar steigen.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie diesen deutlich erkennbaren Unsinn gutheißen können.
Wie stehen Sie also dazu, eine zukünftige soziale Grundsicherung über die Mwst. zu finanzieren, dadurch die Arbeitskosten zu entlasten und die Staatskassen wieder zu füllen? Staatswohlstand würde dann durch Konsumwohlstand finanziert werden.
Sehr geehrter Herr Ehlert,
ich halte es nicht für sinnvoll, die gesamte Sozialversicherung aus der Mehrwertsteuer zu finanzieren. Durch die paritätische Finanzierung über den Arbeitslohn werden Arbeitgeber und Arbeitnehmer an den Kosten beteiligt und das nach ihrer Leistungsfähigkeit. Die Mehrwertsteuer betrifft sozial Schwache dagegen überproportional. Im Niedriglohnbereich gibt es heute schon eine Entlastung von Sozialbeiträgen über Mini-Jobs. Das Resultat ist, dass viele Menschen ohne Absicherung gegen Altersarmut dastehen. Diesen Trend sollten wir eher umkehren. Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist kein Systemfehler sondern eine grundsätzliche sinnvolle Einrichtung. Wir Grüne setzen uns in der Krankenversicherung für eine Bürgerversicherung ein, dort würden auch andere Einkommensarten, nicht nur Lohneinkommen, in die Finanzierung der Gesundheit mit einbezogen. Schritte in diese Richtung wollen wir auch bei der Rentenversicherung gehen. Das ist eine sinnvollere Reformrichtung als die von Ihnen vorgeschlagene.
Mit freundlichen Grüßen,
Jürgen Trittin