Frage an Jürgen Trittin von Susanne G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Trittin,
Berlin - Verfasser der Erklärung gegen den Rettungsschirm ESM ist die "Stiftung Familienunternehmen", in der insgesamt 350 der größten mittelständischen deutsche Firmen organisiert sind.
- keine Hilfszusagen für Euroschuldenstaaten mehr
- Folgen für deutschen Steuerzahler unabsehrbar
- Portemonaie wird in Brüssel abgegeben, Bundestag kein Recht mehr über Ausgaben selbst zu bestimmen
- Haftungsautomatismus auf Kosten der Bürger
- milliardenschweren Institution Immunität verleihen
So die Berichte! Sie fragen, warum gerade mittelständische Unternehmen dagegen sprechen ...
Das ist eine richtige Frage, die sich jeder stellen sollte. Könnte dann nämlich genau deshalb etwas dran sein an den Thesen?
Fiskalvertrag und ESM sind offensichtlich sehr Komplex und bedürfen daher einer ganz besonders aufmerksamen und sorgsamen Überprüfung!
Haben Sie schon einmal mit Ihrem Parteifreund Hans-Christian Ströbele darüber gesprochen?
Werden die Interessen und die Zukunft von Deutschland ausreichend berücksichtigt?
Mit freundlichen Grüßen
Susanne Ganswind
Sehr geehrte Frau Ganswind,
Bündnis 90/Die Grünen haben sich sehr gründlich mit dem ESM und dem Fiskalvertrag befasst.
Der ESM ist ein wichtiger Baustein, um die Eurozone langfristig zu stabilisieren. Er wird Euro-Staaten helfen, die sich in einer Notlage befinden und am Markt keine bezahlbaren Kredite mehr bekommen und dafür sorgen, dass die Notlage eines Mitgliedstaates nicht zu einer Notlage der gesamten Eurozone führt. Zudem bietet er einen gemeinsamen Schutz vor Spekulationen gegen einzelne Mitgliedsstaaten.
Der Anteil Deutschlands am eingezahlten Eigenkapital des ESM beläuft sich auf ca. 22 Milliarden Euro und am abrufbaren Kapital auf ca. 168 Milliarden Euro. Insgesamt können Kredite in Höhe von 500 Mrd. Euro gewährt werden. Die maximale Gewährleistungshöhe ist somit fixiert. Die Parlamentsbeteiligungsrechte werden in dem ESM-Finanzierungsgesetz (ESMFinG) geregelt.
Die Summe des deutschen Anteils am ESM ist begrenzt und kann nicht überschritten werden, über sie entscheidet der Deutsche Bundestag. Genauso wie über die Aufnahme eines Staates unter den Rettungsschirm. Zudem sind sich die Fraktionen einig, dass sowohl bei einer Erhöhung des Stammkapitals als auch bei einer Änderung der Finanzhilfeinstrumente der Bundestag vor Beschluss des Gouverneursrates ein zustimmendes Votum erteilen muss.
Eine Aufstockung des ESM kann der Gouverneursrat also nicht ohne vorherige Zustimmung des Deutschen Bundestages beschließen. Bevor der deutsche Finanzminister im Gouverneursrat einer Erhöhung des Rettungsschirmvolumens zustimmt, muss der Deutsche Bundestag hierzu einen zustimmenden Beschluss fassen. Sagt der Bundestag "Nein", so ist der deutsche Finanzminister gesetzlich verpflichtet, im Gouverneursrat die Aufstockung abzulehnen. Und dadurch, dass eine Aufstockung nur im gegenseitigen Einvernehmen beschlossen werden kann, würde an nur einer "Ablehnung" eine geplante Aufstockung scheitern.
Der ESM ist also weder ein Fass ohne Boden, noch mangelt es ihm an demokratischer Legitimation und Kontrolle.
Der Fiskalvertrag sieht im Kern die Einführung von nationalen Schuldenbremsen vor. Eine solche haben wir bereits in Deutschland, die zumindest ab 2020 auch schärfer wirkt als die Regelungen des Fiskalvertrages. Wir sind der Auffassung, dass der Fiskalvertrag keine ausreichende Antwort auf die Krise ist. Deshalb haben wir in Verhandlungen mit der Bundesregierung durchgesetzt, dass er um Wachstumsimpulse, eine Finanztransaktionssteuer und mehr Beteiligungsrechte des Bundestages bei europäischen Fragen ergänzt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Trittin