Frage an Jürgen Trittin von Benedikt R. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Trittin!
Mit Bestürzung und Ungläubigkeit musste ich zur Kenntnis nehmen, dass ihre Partei die weitere Erforschung der Kernfusion im Forschungsreaktor ITER ablehnt. Sollte diese Technologie jemals funktionieren, wären alle Energieprobleme Geschichte. Die Kernfusion ermöglicht Energieerzeugung in unbegrenzter Menge mit nahezu keinem Risiko: http://de.wikipedia.org/wiki/Kernfusion#Kernfusionsreaktoren
Können sie erläutern, warum ihre Partei die Erforschung dieser Energieform ablehnt?
Sehr geehrter Herr Ries,
haben Sie vielen Dank für die Frage zum Thema ITER. Aus Sicht der grünen Bundestagsfraktion ist der Fusionsreaktor ITER ein Milliardengrab und bietet keine Lösung für die Energieprobleme der Zukunft.
Denn selbst wenn das sehr optimistische Ziel, im Jahr 2050 mit dem Fusionsreaktor mehr Energie zu produzieren als zu verbrauchen, erreicht werden könnte, geht dieses Ansinnen am Prinzip der Nachhaltigkeit völlig vorbei. Bis 2050 müssen es die Industrienationen geschafft haben, mit einem wesentlich geringeren Energiebedarf auszukommen und ihre Energieproduktion auf 100% Erneuerbare umzustellen. Nur so können wir den Erhalt einer für alle lebenswerten Erde erreichen. Im Jahr 2050 brauchen wir keine Massen von teuer produzierter Energie mehr, die Erneuerbaren Energien werden dann unschlagbar billig sein.
Die ständig steigenden Ausgaben, die für den Kernfusionsreaktor anfallen, begrenzen die notwendigen Investitionen für Erneuerbare Energien und Effizienz. In diesen Bereichen müssen viel mehr Forschungsmittel aufgewendet werden, denn dort können sie bereits kurzfristig einen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele und der Energieversorgungssicherheit leisten.
Die Baukosten für ITER explodieren und werden heute auf insgesamt 16 Milliarden Euro geschätzt. Der europäische Beitrag wird sich von ursprünglich 2,7 Mrd. Euro auf 7,2 Mrd. Euro verdreifachen, wobei der vom Rat vorgesehene Kostendeckel von 6,6 Milliarden Euro nicht zu halten sein wird. Allein 2012 und 2013 müssen Ausgaben in Höhe von 1,3 Milliarden Euro aus dem jeweiligen EU-Haushalt bestritten werden, Geld das die Haushalte der EU-Mitgliedsstaaten in schwierigen Zeiten sinnlos belastet und in anderen Forschungsbereichen sinnvoller ausgegeben werden könnte.
Um die europäische Forschung und ihren Beitrag zur Energiewende nicht weiter zu bremsen, brauchen wir eine klare Position, die den Ausstieg aus dem Projekt ITER einfordert. Dafür werden wir Grüne uns auch weiterhin einsetzen. Dies können sie auch anhand unseres Antrages sehen
http://www.kotting-uhl.de/cms/default/dokbin/386/386741.moratorium_jetzt_dringliche_klaerung_von.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Trittin