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Jürgen Trittin
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Frage von Reinard J. •

Frage an Jürgen Trittin von Reinard J. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Trittin,

welche Möglichkeiten hat die Bundesrepublik, sich aus den internationalen Konflikten herauszuhalten?

Ist es real noch möglich eine rein inländische Verteidigungsarmee zu betreiben?
Könnte man z.B. aus der Nato austreten?
Wie sind die Verpflichtungen gegenüber USA, Israel, Frankreich und England ?
Warum sind wir genötigt die agressive Außenpolitik dieser Staaten zu unterstützen?
Was würde geschehen, wenn die deutsche Regierung sich von der Verteufelung fremder Regierungen und allgemeinen Kriegstreiberei distanzierte?

Ich bitte um eine ehrliche Antwort

Portrait von Jürgen Trittin
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Jaster,

vielen Dank für Ihre Frage vom 14. November 2011.

Die Bundesrepublik Deutschland ist nach Art. 87 GG eine reine Verteidigungsarmee. Die Streitkräfte dürfen nur eingesetzt werden, wenn es das Grundgesetz ausdrücklich zulässt. Des Weiteren ist es der Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 24. Abs. 2 GG erlaubt, sich in ein System kollektiver Sicherheit einzuordnen. Kollektive Sicherheitssysteme sind z.B. die NATO oder auch die Vereinten Nationen.

Die internationale Politik steht vor wachsenden Herausforderungen. Kein Staat kann sie im Alleingang bewältigen. Globalisierung und Klimawandel, Ressourcenknappheit und Armut, Terrorismus und organisierte Kriminalität wirken über die Staatsgrenzen hinweg und kennen keine nationale Souveränität. Deshalb ist die Basis unserer Außenpolitik die Einbettung in multilaterales Handeln. Der wichtigste Rahmen für die internationale Ordnung sind die Vereinten Nationen. Ihre Wirksamkeit und Handlungsfähigkeit ist jedoch eingeschränkt. Vor allem der Sicherheitsrat als ihr wichtigstes Organ ist in seiner Struktur und Zusammensetzung überholt und muss dringend reformiert werden. Der Sicherheitsrat repräsentiert nicht mehr die Realitäten des 21. Jahrhunderts. Notwendige Entscheidungen werden immer wieder durch das Vetorecht seiner ständigen Mitglieder gelähmt oder verzerrt.

Ein effektiver Multilateralismus braucht vor allem den politischen Willen der nationalen Regierungen. Deutschland ist eines der wirtschaftlich stärksten Länder der Welt. In dieser Position hat es erheblichen Einfluss auf die internationale Entscheidungsfindung und trägt deshalb eine große Mitverantwortung für die Lösung regionaler und globaler Probleme. Jedoch sind alle Staaten in der Pflicht, ihren Beitrag zu leisten. Wir wollen deshalb verantwortliches Regierungshandeln und starke Zivilgesellschaften fördern.

Auch die NATO ist ein solches System kollektiver Sicherheit. Deshalb halten wir Grüne nichts von einem Austritt aus der NATO. Gewiss muss sich die NATO aber wieder auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren, die Stärkung der transatlantischen Partnerschaft und die Herstellung regionaler Sicherheit unter dem perspektivischen Einschluss Russlands.

Speziell für Auslandseinsätze ist für uns die Mandatierung durch die Vereinten Nationen (UN-Sicherheitsratsmandat) essenziell. Damit die Bundeswehr für Stabilisierungseinsätze ins Ausland geschickt werden kann, muss ein Mandat des Bundestages gemäß § 2 Abs. 1 Parlamentsbeteiligungsgesetz beschlossen werden. Ohne ein Mandat ist jegliches Handeln illegitim. Jedoch hat die Bundesregierung bereits im "Pegasus-Einsatz" bewiesen, dass sie dieses Gesetz nicht immer einhält. Wir Grüne kritisieren eine solches Verhalten gegenüber dem Bundestag als Kontrollorgan gegenüber der Bundesregierung scharf und haben deshalb im Fall des "Pegasus-Einsatzes" beim Bundesverfassungsgericht geklagt.

Wir Grüne verstehen uns als eine Partei, die die globale Friedenssicherung unterstützt und dazu beiträgt, dass Menschenrechte sowie Grundrechte überall respektiert und geachtet werden. Deswegen muss unserer Meinung nach die zivile Krisenprävention massiv gestärkt werden, um Konflikte bereits im Vorfeld möglichst zu vermeiden.

Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen beantworten konnte und verbleibe
mit freundlichen Grüßen

Jürgen Trittin