Frage an Jürgen Trittin von Kanstansin K. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Trittin,
ich war früher Grünen-Wähler, seit 2006 nicht mehr.
Immer wieder stelle ich fest, dass zwischen der Ankündigung der Grünen und der praktischen Umsetzung ihrer Politik ein großer Graben herrscht. Anspruch und Wirklichkeit denke ich, sind bei den Grünen etwas vollkommen anderes.
Konkret wird das bei der sogenannten Normenkontrollklage gegen Hartz IV.
Wie Sie hier sehen, sind die Betroffenen alles andere als einverstanden mit diesem Verhalten der Grünen:
http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/gruene-verweigern-hartz-iv-klage-361766.php
Warum unterstützt Ihre Partei die Hartz IV-Empfänger nicht ohne wenn und aber und warum ist sie nicht für eine Normenkontrollklage?
Mit freundlichen Grüßen
Kanstansin Kavalenka
Sehr geehrter Herr Kavalenka,
Ihrem generellen Vorwurf, zwischen den Ankündigungen der Grünen und der praktischen Umsetzung ihrer Politik bestehe ein großer Graben, kann ich überhaupt nicht folgen. Es gibt zahlreiche Belege dafür, dass die Grünen konsequent und über Jahre hinweg auch gegen harte Widerstände ihren politischen Zielen treu geblieben sind und sich am Ende durchgesetzt haben, bestes Beispiel ist der Atomausstieg. Die große Glaubwürdigkeit, die den Grünen immer wieder in Meinungsumfragen zugesprochen wird, hat sicher auch damit zu tun, dass bei uns Worte und Taten in besonderem Maße übereinstimmen.
Auch in Bezug auf die Normenkontrollklage der LINKEN gegen die Hartz-IV-Reform der schwarz-gelben Bundesregierung stimmt Ihr Vorwurf nicht. Wir haben nie angekündigt, eine solche Klage zu unterstützen, sind also auch nicht wortbrüchig. Unsere Kritik an der konkreten Ausgestaltung der schwarz-gelben Hartz-IV-Reform haben wir sehr deutlich gemacht, nicht zuletzt durch unseren Ausstieg aus den Verhandlungen im Vermittlungsausschuss, nachdem aus unserer Sicht keine substanziellen Verbesserungen mehr in den Verhandlungen zu erreichen waren. Wir halten -- im Gegensatz zur LINKEN -- Klagen der Betroffenen gegen die Reform für zielführender und erfolgversprechender als ein Normenkontrollverfahren. Deshalb unterstützen wir die Klage der LINKEN nicht.
Wir sind nach wie vor grundsätzlich davon überzeugt, dass die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe unter der rot-grünen Bundesregierung richtig war, auch wenn ohne Frage bei der Umsetzung etliches im Argen liegt. Nicht wir, sondern die heute im Bund regierenden Parteien CDU/CSU und FDP haben in den damaligen Verhandlungen zwischen Bundestag und Bundesrat für etliche Verschärfungen und Härten gesorgt, unter denen die Betroffenen bis heute leiden. Wir machen es uns jedoch nicht so einfach wie die LINKE, die Hartz IV rundheraus ablehnt, ohne eine realistisch umsetzbare Alternative anzubieten, und die differenzierte Haltung anderer Parteien gerne auf populistisch vereinfachende Weise als soziale Kälte abqualifiziert. So sichert man sich zwar den Beifall der Betroffenen, löst aber deren Probleme nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Trittin