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Jürgen Trittin
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Frage von Rainer B. •

Frage an Jürgen Trittin von Rainer B. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Trittin,

in der Bundestagsdiskussion zur Hilfe für Portugal aus dem Euro-Rettungsschirm haben Sie die Politik der aktuellen Bundesregierung scharf kritisiert und der Kanzlerin Versagen und Schuld an der Schuldensituation der Länder Griechenland und Portugal vorgeworfen.

Wieso vergessen die Grünen und insbesondere Sie als wesentlich Beteiligter Bundesminister so gerne dass Sie in der rot/grünen Regierung ganz wesentlich die heutige Situation verursacht haben. Unter dem Kanzler Schröder mit Ihrer wesentlichen Mitarbeit hat der damalige Finanzminister Eichel dafür gesorgt dass die Euro-Stabilitätskriterien so aufgeweicht wurden dass Griechenland überhaupt die Chance bekam den Euro einzuführen. Und das vor allem weil Deutschland selbst damals 4 Jahre nacheinander die 3% Stabilitätsgrenze überschritten hat. Das Schweizer Fernsehen hat in der Dokumentation "Der Euro am Abgrund" eindeutig belegt dass der eigentlich stabil konstruierte Euro dadurch erst anfällig für die aktuellen Probleme wurde.

http://www.videoportal.sf.tv/video?id=cd2a506a-6e39-4700-b98f-d4c894175d83
Zwischen Minute 17 und 22 zu sehen von den Experten (Ökonom Beat Kappeler, Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann und Österreichs Ex-Finanzminister Grasser)

Bei Ihrer Rede im Bundestag in dieser Woche musste ich mir die Frage stellen die ich jetzt an Sie (wie auch an den Herrn Steinmeier) formuliere: Wieso haben die Grünen und insbesondere Sie nicht das Rückrat zu diesen Fehlern der eigenen Politik zu stehen? Halten Sie die (Grünen-)Wähler für so vergesslich?

Mit freundlichen Grüßen
Rainer Baack

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Baack,

vielen Dank für Ihre Mail.

Es ist richtig, dass die rotgrüne Bundesregierung damals gemeinsam mit den europäischen Partnern den Stabilitäts- und Wachstumspakt reformiert hat. Es ist aber nicht richtig, dass deswegen Griechenland in die Euro-Zone gekommen ist. Ich stimme Ihnen zu, dass die Daten aus Griechenland mindestens von zweifelhafter Qualität waren und das damals besser geprüft hätte werden müssen.

Die gegenwärtige Verschuldungskrise hat allerdings recht wenig mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt zu tun. Das ist daran zu erkennen, dass Irland und Spanien jahrelang Musterknaben waren bei der Erfüllung der so genannten Maastricht-Kriterien. Irlands Banken konnten das Platzen der dortigen Immobilien-Blase nicht verkraften. Nachdem die irische Regierung das Schicksal des Landes eng mit dem der Banken verknüpft hat, wurde aus einer Banken- eine Staatskrise. Deswegen mussten wir dort wie auch in Portugal und Griechenland, wo die Ursachen allerdings andere sind mit Kreditzusagen helfen.

Übrigens wäre ich mit Herrn Grasser als Kronzeuge für eine seriöse Politik etwas vorsichtig. Zum einen war Österreich damals auch schon in EU und Euro-Zone vertreten und ich kann mich nicht an Widerstand von dort erinnern. Zum anderen hat er "vergessen", wie er das nennt, Steuern zu bezahlen. Es geht dabei um mindestens 20.000,- Euro, wahrscheinlich mehr. Herr Grasser ist also nicht gerade derjenige, der uns etwas über seriöse Politik erzählen sollte.

Mit freundlichen Grüßen

Jürgen Trittin