Frage an Jürgen Trittin von Frank S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Hr. Trittin,
mit Interesse habe ich Ihren Beitrag in der aktuellen Stunde im deutschen Parlament, sowie Ihre Zusammenfassung des Themas "Guttenberg und seine Dissertation" für David aufgenommen. By the way: Finde ich spitze, dass sich ein Parlamentarier so viele Zeilen für Kinderfragen nimmt.....
Meine Frage:
In der ganzen Diskussion wird von der Opposition, auch von Ihnen und sehr laut von der "akademischen Welt" viel Kritik an einem Minister geübt, der für seinen Job diesen Titel nicht braucht, der entweder vorsätzlich oder fahrlässig oder ....weils halt der Weg des geringsten Aufwandes war, ein ausgeprägtes copy-paste-Vorgehen bei seiner Doktorarbeit für akzeptabel hielt. Keine Frage, man kann nicht Glaubwürdigkeit verkörpern, wenn man in so einer Sache nicht Klartext redet und schnell für Klarstellungen sorgt und vor allem, sowas überhaupt macht...
Mich wundert nur sehr, dass eigentlich keiner mal ganz laut nachfragt, warum eigentlich diejenigen, die diesen akademischen Grad des Doktors an Hr. zu Guttenberg verliehen haben, bei der Prüfung der Dissertation diese Mängel nicht erkannt haben. Prüft das keiner? Wie sorgfältig wird denn bei sowas vorgegangen? Haben nicht die Professoren die Verantwortung, die herausragende wissenschaftliche Leistung und Neu-Erkenntis in der Arbeit, sowie die formalen Kriterien zu überprüfen, zu bewerten und ggf. auch zu kritisieren?
Es wundert mich das allen voran die akademische Welt sehr empört ist über diesen Vorgang, das Fr. Prof. Schavan als Bundesforschungsministerin sich ebenfalls in die Linie der Kritiker einreiht, aber keiner bei den Universitäten über die Prüfungspraxis solcher Arbeiten nachhält?? Letzten Endes wirft das auch auf die Uni kein gutes Licht...
Wie sehen Sie das?
Beste Grüsse
Seifert
Sehr geehrter Herr Seifert,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Hochschulpolitik im Zusammenhang mit der Debatte um die Dissertation des ehemaligen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg.
Neben dem Umgang des ehemaligen Ministers mit dieser Affäre ging es auch die Frage, wie es eigentlich dazu kommen konnte, dass eine dreist abgeschriebene Promotionsarbeit an einer altehrwürdigen bayerischen Universität erfolgreich angenommen werden konnte. Während an einigen Universitäten bereits die Hausarbeiten von Studienanfängern mittels passender Software überprüft werden, wurde an der Universität Bayreuth nicht einmal an eine Überprüfung der Promotionsarbeit durch Suchmaschinen oder klassische Recherche gedacht. Gleiches gilt für die Besetzung der Prüfungskommissionen. Hier fehlt es in Deutschland offensichtlich an einheitlichen Standards. Dieser Mangel an transparenten Prüfungsbedingungen hat scheinbar dazu geführt, dass von einer nachprüfbar objektiven Bewertung von Studienleistungen nicht mehr in allen Fällen ausgegangen werden kann.
Um die Bewertung der Promotion stärker zu objektivieren, haben wir Grüne vor zwei Wochen einen Antrag mit dem Titel "Wissenschaftliche Redlichkeit und die Qualitätssicherung bei Promotionen stärken" in den Deutschen Bundestag eingebracht. Darin geht es genau um den von Ihnen angesprochenen Punkt, nämlich die Lücken bei der Qualitätssicherung bei Promotionen zu erkennen und Maßnahmen anzustoßen, um diese zu schließen. Wir fordern darin unter anderem von der Bundesregierung die Entwicklung und den Test eines "peer-review"-Verfahrens für die Bewertung bzw. die Zweitbegutachtung von Promotionen.
Außerdem sollte geprüft werden, welche Regelungen in den Landeshochschulgesetzen und Promotionsordnungen zum Einbezug fakultätsexterner Gutachterinnen und Gutachter sich bewährt haben und als "best practice" empfohlen werden können. Es ist von höchster Bedeutung, dass das enge Verhältnis zwischen Doktorand und Doktoreltern, zumindest bezüglich der Bewertung der Arbeit, aufgelöst werden kann. Nur so können Situationen wie im Fall zu Guttenberg in Zukunft hoffentlich verhindert werden.
Sie können sich unseren Antrag mit der Drucksachen-Nr. 17/5195 unter folgendem Link ansehen: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/051/1705195.pdf .
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Trittin