Frage an Jürgen Trittin von Rainer B. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Trittin,
Sie haben die Kanzlerin angegriffen weil sie gegen die Eurobonds ist.
Sind Ihnen die Aussagen der Experten bekannt dass damit nicht nur deutlich höhere Zinsen auf Deutschland zukommen sondern vor allem die volle Garantie für die Bonds?
Wollen Sie wirklich das Deutschland die volle Garantie für die Eurobonds tragen muss wenn die finanzschwächeren Staaten nicht zahlen?
Soll die Verantwortung Deutschlands wirklich so weit gehen dass Deutschland für alle Lasten der schlecht wirtschaftenden Länder aufkommt, wie es mit Eurobonds automatisch kommen würde?
mit freundlichen Grüßen
Rainer Baack
Sehr geehrter Herr Baack,
ich habe die Bundeskanzlerin dafür kritisiert, dass sie den Vorschlag, Euro-Bonds zu ermöglichen, nicht sorgfältig geprüft hat. Sie hat stattdessen der wirtschaftsnationalistischen Stimmung in Teilen der deutschen Presse nachgegeben und den Vorschlag sehr brüsk vom Tisch gewischt.
Die Ansicht, dass Euro-Bonds zu höheren Zinsen für Deutschland führen, ist umstritten. Das hängt unter anderem davon ab, wie man Euro-Bonds ausgestaltet. Wenn Euro-Bonds nur für einen Teil der Staatsverschuldung begeben werden dürfen -- etwa für 40 -- 60 % der Staatsverschuldung eines Staates - und gleichzeitig für nationale Anleihen ein Umschuldungsverfahren im Insolvenzfall verabredet würde, dann würden die Kosten der Euro-Bonds aufgrund ihres geringen Risikos vermutlich sogar unterhalb der heutigen Bundesanleihen liegen. Euro Bonds könnten den Krisenländern also vorübergehend Luft verschaffen, ohne in den Ländern mit hoher Bonität Mehrkosten zu verursachen. Sie wären mit Auflagen für strukturelle Reformen verbunden. Gleichzeitig würden die Kosten der nationalen Anleihen in den angeschlagenen Ländern noch einmal steigen. Diese hohen Kosten für nationale Anleihen würden gleichzeitig Druck aufbauen, diese Reformen im gewonnenen Zeitraum von 3 -- 5 Jahren auch durchzuführen.
Die Schulden der europäischen Südländer sind auch Folge der wirtschaftlichen Ungleichgewichte und der jahrelangen Leistungsbilanzdefizite dieser Länder. Ausschließliche Konzentration auf Stärkung der deutschen Exportwirtschaft reicht eben nicht aus. Wenn nicht gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit in den schwächeren Ländern oder Nachfrage nach Importen hierzulande gestärkt wird, treibt man die Defizitländer systematisch in die Schuldenkrise.
Das Gerede vom Zahlmeister Europas ist in mehrfacher Hinsicht unehrlich - vor allem, wenn es aus Deutschland kommt:
Allein mit Spanien, Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien betrug der deutsche Exportüberschuss in 2007 fast 2% der deutschen Wirtschaftsleistung, oder 25% unseres gesamten Exportüberschusses. Seit Beginn der Währungsunion haben diese Länder bei uns für fast 270 Mrd. Euro schuldenfinanziert eingekauft. Deutsche Banken haben sich im Übermaß auf dem Finanzplatz Irland engagiert. Deutsche Unternehmen haben massiv von der Überschuldung anderer EU-Staaten profitiert.
Mit Ihrer eisernen Sparpose zerschlägt die Bundeskanzlerin also nicht nur politisches Porzellan. Sie vertuscht auch, dass wir jahrelang von diesem wirtschaftlichen Ungleichgewicht massiv profitiert haben.
Die Eurokrise zeigt uns vor allem eines: Wir brauchen eine echte Wirtschaftsunion. Ohne eine verbindliche europäische Wirtschafts- und Steuerpolitik kann es keine dauerhafte Währungsunion geben! Grüne wollen keine Minderung der Exportstärke Deutschlands. Aber wir müssen die eklatante Schwäche unserer Binnennachfrage endlich überwinden.
Die deutsche Wirtschaft hat am allermeisten vom Euro profitiert.
Die Antwort auf die Krise muss also heißen: Mehr Europa, nicht weniger!
Jürgen Trittin