Frage an Jürgen Trittin von Michaela S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Trittin,
nach dem Farbbeutelanschlag auf Sie: wie sehen Sie trotz Großdemos zu den Themen Stuttgart 21 und zur Atomkraft den Stand der Demokratie in unserem Land bezgl. Meinungs- und Pressefreiheit und das Recht auf körperliche Unversehrtheit?
Gestatten Sie mir noch eine Frage: Sehen Sie das Buch von Alice Schwarzer ( Hrsg.) "Verschleierung, für Integration gegen Islamismus", in dem ein Kopftuchverbot für Schülerinnen gefordert wird, als wirksames Mittel der Integration an?
MfG, Michaela Schur
Sehr geehrte Frau Schur,
die Proteste zu Stuttgart 21 und gegen Atomkraft zeigen, dass viele Bürgerinnen und Bürger und besonders viele junge Bürger politisch interessiert und engagiert sind. Man merkt, dass ihnen das Wohl der Gesellschaft am Herzen liegt und dies tun sie mit ihrem Protesten kund. Dementsprechend ist klar, dass Meinungsfreiheit und Pressefreiheit weiterhin bestehen. Des Weiteren machen die Vorkommnisse in Stuttgart auch deutlich, dass die Polizei eindeutig zu hart gegen die Demonstranten vorgegangen ist. Es darf nicht sein, dass Demonstranten wie Herr Wagner solch schwere Augenverletzungen durch den Wasserwerfereinsatz erleiden, dass derzeit noch nicht abgeschätzt werden kann, in welchem Maße er seine Sehkraft wieder erlangen wird. In Zukunft muss sicher gestellt werden, dass die Polizei mit angemessenen Maßnahmen auf Demonstrationen reagiert.
Man kann die Integrationsfrage nicht auf solch einfache Mittel wie ein Kopftuchverbot für Schülerinnen reduzieren. Derartige Vereinfachungen werden der Komplexität der Integrationsdebatte nicht gerecht. Für eine gelingende Integration sind Beteiligung und Teilhabegerechtigkeit an den einzelnen gesellschaftlichen Teilsystemen wie Arbeitsmarkt, Bildungswesen usw. zentral. Versucht man dies zu erreichen, merkt man schnell, dass die Frage nach einem Kopftuchverbot nur eine geringe Rolle spielt.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Trittin