Frage an Jürgen Trittin von Ralf Dr. K. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Trittin -
Zur Zeit werden Sparvorschläge zur Reduzierung des Haushaltsdefizits heftig diskutiert.
Was halten Sie daher von folgendem Sparvorschlag bzw. Vorschlag zum Subventionsabbau? Sind Sie bereit, mit Ihrer Fraktion diesen Vorschlag zu unterstützen (auch wenn die Grünen damals an der unten genannten Entscheidung beteiligt waren)?
Ca. 2002 hat die damalige Bundesregierung v. a. auf Wunsch der Banken die Veräußerungsgewinne aus Unternehmensbeteiligungen durch Kapitalgesellschaften steuerfrei gestellt. Mit dieser Subvention wurde nicht nur ein Loch in die Haushaltskasse des Bundes gerissen, sondern es wurden auch die "Heuschrecken" ins Land gelockt, da sie nun ihre Spekulationsgewinne unversteuert in ihre Heimatländer, meist Steuerparadiese, transferieren können (Beispiel: das Schicksal der Firma Grohe).
Pikanterweise wurden umgekehrt 2009 für Privatpersonen ebensolche Veräußerungsgewinne mit Einführung der Abgeltungssteuer steuerpflichtig gemacht.
Mein Sparvorschlag ist daher die Rücknahme dieser Subvention, schon um eine Gleichbehandlung von Unternehmen und Privatpersonen zu erreichen - und natürlich, um die Staatskasse zu füllen, ein in der aktuellen Spardebatte wichtiger Aspekt. Das würde, nebenbei bemerkt, in erster Linie auch Banken treffen, die besonders häufig Aktienpakete von Unternehmen hin- und herschieben.
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Kern
Sehr geehrter Herr Kern,
Ihr Vorschlag ist bedenkenswert. Die Grünen haben diese Maßnahme bereits seit längerem selbstkritisch überdacht. In einem Beschluss unserer 28. Bundesdelegiertenkonferenz in Erfurt vom 14.-16. November 2008 zum Grünen New Deal beschäftigen wir uns damit und kritisieren Deregulierungsmaßnahmen der Vergangenheit. Hier die Passage:
"Finanzmärkte fair (be)steuern
Die Entfesselung der Finanzmärkte ist auch das Ergebnis einer fehlerhaften Steuerpolitik. Jahrelang wurde versucht, durch steuerliche Sonderregelungen an den Kapitalmärkten bestimmte Gesellschaftsformen, Finanzierungsarten oder Finanzmarktprodukte zu begünstigen. Die Gewerbesteuerfreiheit für die Zweckgesellschaften der Banken zur Verbriefung oder zum Ankauf von forderungsgesicherten Wertpapieren ist hier zu nennen, die steuerliche Begünstigung von Provisionen für die bloße Vermittlung von Kapitalbeteiligungen, die Maßnahmen der letzten Unternehmenssteuerreform zur übermäßigen Förderung von Fremdkapital, die Steuerfreistellung von Veräußerungsgewinnen. Alle diese Deregulierungen haben Turbulenzen auf den Finanzmärkten wahrscheinlicher gemacht und müssen deshalb überdacht werden. Wir halten eine gleichmäßige Besteuerung aller Einkunftsarten oder Umsätze auf den Finanzmärkten für die richtige Herangehensweise. Solange es keine internationale Stabilisierung der Wechselkurse gibt, sollten nach dem Modell der Spahn-Steuer die Steuersätze auf Devisenumsätze mit der Volatilität des Marktes steigen. Die Umsatzsteuerfreiheit für Finanzprodukte begünstigt hohe Umsätze. Sie erlaubt, dass jeder noch so minimale Preisunterschied eines Finanzprodukts zwischen zwei Handelsplätzen zu Geld gemacht werden kann."
Die Antwort lautet also ja, wir unterstützen Ihre Forderung.
Den vollständigen Beschluss finden Sie hier:
http://www.gruene-partei.de/cms/default/dokbin/258/258004.gruener_new_deal.pdf
Mit freundlichen Grüßen,
Jürgen Trittin