Frage an Jürgen Trittin von Lorenz F. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Trittin,
ich sympathisiere mit vielen grünen Programmpunkten, u. a. mit der Forderung, aus der Kernenergie auszusteigen. Jedoch scheint mir die Diskussion völlig am Thema vorbeizugehen und mich dünkt, man misst mit zweierlei Maß.
Während unsere Kernenergie in sicheren Reaktoren brütet, wurde im Kosovo-, Afghanistan-Einsatz u. i. Irakkrieg, von amerik. Seite Uranmunition eingesetzt und somit vorsätzlich und wissentlich zugleich, in weiten Teilen ein radioaktiv strahlender Schwermetallstaub freigesetzt, wohlgemerkt in der Dimension tausender Tonnen.
(Quelle: www.uranmunition.net und www.nuoviso.tv/todesstaub.html )
Oder halten Sie dies ebenfalls für eine "Verschwörungstheorie"?
Zwar wurde von den Grünen - soweit mir bekannt - eine Petition eingereicht, trotzdem kann ich schwerlich ausdrücken, wie frustrierend gering der Einsatz Ihrer Partei gegen solche Umweltzerstörung und Unmenschlichkeit ist. Zudem ist es traurig, dass gerade mitunter die Grünen für solche Einsätze (Kosovo u. Afghanistan) gestimmt haben. Wusste man aus den Erfahrungen des 1. Golfkriegs und später des Kosovo-Einsatzes nicht, welche verheerenden Schäden solche Waffen verursachen?
Finden Sie das Recht auf Selbstverteidigung gerechtfertigt, wenn dabei durch solche Waffen - nach Genfer Konvention - Kriegsverbrechen unter dem Banner der "Humanität" begangen werden?
Warum schweigen die Grünen zu diesem grundgrünen Thema, wie alle anderen Parteien auch? Und warum verlangen die Grünen auf diesem Gebiet nicht auch die vollständige Aufklärung, gleich den Forderungen, die nach bekanntem Luftangriff aus den Reihen der Opposition laut wurden, sonst wäre das m. E. nur ein Schauspiel. Es kommt mir so vor, als läge unter dem Tuch des Schweigens eine außerordentliche Brisanz. Wie stellt sich Ihnen die Situation dar?
Ich lobe wirklich viele grüne Interessen, doch wünschte ich mir, gerade die Grünen würden auch diesbezüglich endlich aufwachen - und handeln.
Mit freundlichen Grüßen
L. Faust
Sehr geehrter Herr Faust,
wir haben immer wieder deutlich gemacht, dass wir den Einsatz von Uranmunition ablehnen. Zuletzt haben wir in einem Antrag an die Bundesregierung (BT-Drs. 16/11439) eingefordert, sich für ein Einsatzmoratorium einzusetzen.
Um die konkreten gesundheitlichen Folgen gibt es zwar seit Jahren Auseinandersetzungen. Fest steht, dass Uran als Schwermetall stark giftig ist und, wenn es vom Körper in großen Mengen aufgenommen wird, zu schweren Schädigungen führen kann. Bezüglich der Frage, welche toxischen Schädigungen die beim Aufprall entstehenden Uranpartikel und Uranoxide -- vor allem langfristig hervorrufen -- und inwieweit es auch radiologischen Auswirkung gibt, kommen Studien und Gutachten jedoch zu unterschiedlichen, teils widersprüchlichen Ergebnisse.
Zwar gibt es bislang im Völkerrecht keine expliziten, vertraglichen Bestimmungen, die -- etwa in Form eines Protokolls zum VN-Waffenübereinkommen -- den Einsatz von Uranmunition verbieten. Zu berücksichtigen sind jedoch verschiedene völkerrechtliche Grundsätze wie das Verbot von Kampfmitteln, deren Wirkung nicht begrenzt werden kann und die damit militärische Ziele und Zivilpersonen unterschiedslos treffen können, das Verbot von Waffen, die überflüssige Verletzungen und unnötiges Leiden verursachen, und auch der gewohnheitsrechtliche Grundsatz der Proportionalität und das Vorsorgeprinzip (precautionary principle), das auch schwere Umweltschäden umfasst.
Wir Bündnisgrüne fordern daher, dass die Bundesregierung darauf drängt, dass von den Bündnispartnern in NATO und EU ab sofort ein *Moratorium für die Verwendung von Waffen mit abgereichertem Uran* verhängt wird. National muss Deutschland, das keine DU-Munition besitzt, dem Beispiel Belgiens folgen und die Verwendung und Herstellung ächten sowie die Lagerung, den Verkauf und Ankauf, die Lieferung und den Transit in Deutschland verbieten. In Anlehnung an den Ottawa- und Oslo-Prozess sollte Deutschland zudem eine Führungsrolle bei der Aushandlung eines internationalen Abkommens für ein Verbot von Munition mit abgereicherten Uran beispielsweise bei der Erarbeitung eines weiteren Protokolls zur VN-Konvention über bestimmte konventionelle Waffen übernehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Trittin