Frage an Jürgen Trittin von Andreas Harald W. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Trittin,
auch ich habe Fragen zu dem Kriegseinsatz unserer Soldaten in Afgahnistan:
1. Das dies kein "Polizeieinsatz" werden wird (oder wenn, dann nur einer wie ihn die Amerikaner seinerzeit in Vietnam hatten - sie verstehen was ich meine), war doch von Anfang an klar. Hätte Ihre Fraktion - damals mit in der Regierung - denn nicht wehement gegen so einen Einsatz stimmen müssen? Wäre es nicht so gewesen, daß die Regierung Schröder diesen Einsatz ohne Zustimmung der Fraktion der Grünen gar nicht hätte beschließen können?
2. Halten Sie es nicht auch für Unfair, von einem jungen (oder auch älteren) Menschen zu verlangen, sein Leben zu riskieren - und im Falle, daß er zurückschießt und trifft, dann in der Heimat ein Ermittlungsverfahren gegen ihn einzuleiten (gängige Praxis nach Aussage der Justiz, auch schon vor dem Luftschlag). Glauben Sie nicht, daß dieses ganze hin und her über den Luftschlag von Kundus unsere Soldaten verunsichert, daß sie sich alleine gelassen fühlen von dem Staat, der sie dort hinunter geschickt hat?
3. Es scheint wohl so zu sein, daß Verteidigungsminister Jung informationen zurückgehalten hat (im Anbetracht der bevorstehenden Bundestagswahl hätte das ggf. jede Partei getan, denke ich) und desshalb seinen Hut nehmen mußte. Doch nun meine Frage - warum hacken sie auf seinem Nachfolger herum? Er hatte damals keine Entscheidungsbefugnis - und selbst wenn ihm am Kabinetstisch der Bericht zugegangen wäre, so hätte er nichts darüber äußern dürfen - jedenfalls nicht, solange der Bericht als Geheim eingestuft ist. Die Richtlinienkompetenz liegt in der BRD immer noch bei der Bundeskanzlerin, nicht beim Bundeswirtschaftsminister - und wenn sie festgelegt haben könnte, daß darüber geschwiegen wird, dann wird ein neues Kabinetsmitglied dies zu beachten haben.
4. Finden Sie nicht auch, daß - aufgrund der unklaren Rechtslage für unsere Soldaten - wir diese sofort und ausnahmslos alle zurückholen sollten?
Gruß
Andreas Wild
Sehr geehrter Herr Wild,
wir haben schon zu rot-grünen Regierungszeiten auf die Bedeutung der zivilen Komponente im Afghanistan-Einsatz hingewiesen und hier viel angeschoben. Nachdem die ersten Jahre im Norden Afghanistans unsere Politik erfolgreich war, zeigten sich zunehmend die Mängel auf der zivilen Seite z.B. beim Polizeiaufbau. Leider hat die Große Koalition die erkannten Missstände nicht beseitigt.
Wir haben uns immer für klare Einsatzregeln und Rechtssicherheit für die Soldaten eingesetzt. Deshalb haben wir auch immer das Gespräch mit den
Soldanten gesucht und das Abstellen erkannter Missstände eingefordert.
Uns geht es nicht darum, Soldaten zu kriminalisieren. Aber auch für
Soldaten und vor allem für deren Befehlshaber müssen bestimmte Regeln
gelten.
Wir sind fest davon überzeugt, dass ein erfolgreicher Einsatz in Afghanistan vor allem davon abhängt, dass zivile Opfer weitmöglichst vermieden werden.
Sicherlich sind auch zivile Opfer nicht immer auszuschließen, und im wir
gehen davon aus, dass auch solche Vorfälle nicht strafrechtlich zu
verfolgen sind.
Andererseits ist die Bundeswehr - auch im Auslandseinsatz kein rechtsfreier Raum.
Uns geht es nicht darum, ob Herr Jung oder Herr zu Guttenberg zurücktreten oder nicht. Es geht uns darum, dass beide der Öffentlichkeit Informationen nicht nur vorenthalten haben - weil sie geheim waren - sondern es geht uns darum, dass sie Informationen vorliegen hatten und dann in der Öffentlichkeit und im Bundestag behauptet hatten, solche Informationen gäbe es nicht. Das hat mit Geheimhaltung nichts zu tun.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Trittin