Wie stehen Sie zur Prüfung eines Verbots der AFD? Werden Sie sich dafür einsetzen?
Sehr geehrte Frau K.,
die AfD ist eine rechtsextreme, offen demokratiefeindliche Partei und stellt damit ganz klar eine Bedrohung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung dar.
Dennoch ist es sehr ungewiss, ob sich das Bundesverfassungsgericht für ein Verbot der AfD aussprechen würde. Verbotsverfahren von Parteien sind das letzte Mittel des Rechtsstaats, gegen verfassungsfeindliche Bestrebungen vorzugehen und haben sehr hohe Hürden. Seit den einzigen beiden Parteiverboten in der Geschichte der Bundesrepublik sind über 60 Jahre vergangen. Seither sind zwei Verbotsverfahren gegen die NPD gescheitert – zuletzt 2017. Selbst wenn am Ende ein Verbot der AfD stünde, würden bis dahin Jahre vergehen. Bei der KPD dauerte das Verfahren damals fünf Jahre. Und im Anschluss an das deutsche Urteil hätte die AfD sogar noch die Möglichkeit, vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu ziehen, wo für Parteiverbote noch einmal strengere Kriterien gelten als dies bei uns bereits der Fall ist.
In der Zwischenzeit dürften sich die gesellschaftlichen Spannungen durch das schwebende Verfahren noch weiter verschärfen und zu einer weiteren Radikalisierung führen. Die AfD würde die Opferrolle vermutlich dankbar annehmen. In einem Moment, in dem die Umfrage-Werte der AfD ohnehin durch die Decke gehen, würde die Partei das Verbotsverfahren nur als einen angeblichen Beweis dafür anbringen, dass die Staatsmacht versuche, die politische Willensbildung zu torpedieren. Derartige Mobilisierungseffekte sollten wir tunlichst vermeiden. Es besteht die Gefahr, dass der Schaden letztlich größer als der Nutzen wäre.
Zumal ein Verbot der AfD würde das zugrunde liegende Problem nicht löst. Die Anhänger der Partei existieren und in Windeseile würde sich eine neue Partei unter anderen Namen formieren. Es ist jetzt vielmehr die Aufgabe aller demokratischen Parteien, die Wählerinnen und Wähler der AfD, die für demokratische Werte zu erreichen sind, durch gute Programmatik und Kommunikation zurückzugewinnen. Das heißt explizit nicht, die Positionen der AfD zu übernehmen, sondern ihr durch gelungene Sachpolitik den rechtspopulistischen Nährboden zu entziehen.
Mit freundlichen Grüßen
Judith Skudelny