Was tun Sie für eine allgemeine Bürgerversicherung? Wie lösen Sie die Probleme der Rentenversicherung? Was tun Sie um gleiche Bildungschancen sicher zu stellen?
Sehr geehrte Frau Skudelny, vor dem Hintergrund der zukünftig, großen Herausforderungen und den multipolaren Krisen würde mich Ihre Meinung zu oben aufgeführten Problem Felder interessieren?

Sehr geehrter Herr Prof. J.
vielen Dank für Ihre Anfrage zu den wichtigen Themen der Bürgerversicherung, der Rentenversicherung und der Bildungschancen. Diese Bereiche sind von zentraler Bedeutung für die Zukunft unseres Landes, weshalb ich Ihnen gerne die Positionen der Freien Demokraten dazu erläutere.
Im Bereich der Krankenversicherung setzen wir auf Wahlfreiheit und Wettbewerb, um eine bestmögliche Versorgung sicherzustellen. Eine allgemeine Bürgerversicherung lehnen wir ab, da sie Innovationen hemmen, den Wettbewerb einschränken und am Ende die Qualität des Gesundheitssystems verschlechtern würde. Wir bekennen uns zum dualen System aus gesetzlicher (GKV) und privater (PKV) Krankenversicherung. Um die ungebremste Leistungsausgabenentwicklung in der GKV in den Griff zu bekommen, sollen in Zukunft die Ausgaben nicht stärker wachsen als die Einnahmen. Zusätzlich werden wir alle Leistungsausweitungen der letzten zehn Jahre einem Evidenz-, Effizienz- und Wirtschaftlichkeitscheck unterziehen. Leistungen, die sich nicht bewährt haben, sollen aus dem GKV-Leistungskatalog gestrichen werden.
Die demografische Entwicklung stellt unser Rentensystem vor große Herausforderungen. Wir setzen uns für ein Modell ein, das Generationengerechtigkeit wahrt und langfristige Stabilität gewährleistet. Wir Freie Demokraten stehen für einen wirklich flexiblen Renteneintritt. Die Menschen sollen nach schwedischem Vorbild künftig selbst entscheiden, wann der Ruhestand beginnt, sofern dann keine Sozialleistungen beantragt werden müssen. Je später jemand in Rente geht, desto höher die Rente – wer früher geht, bekommt eine niedrigere Rente. Teilrenten sind unkompliziert möglich. Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten kann, braucht weiter eine starke Unterstützung.
Daneben wollen wir die Gesetzliche Aktienrente. Ich bedauere sehr, dass die bereits angestoßene Umsetzung durch das Ampel-Aus verzögert wurde. Wir wollen, dass ebenfalls wie in Schweden ein kleiner Teil der Rentenbeiträge in einem unabhängig verwalteten Fonds angelegt wird, sodass wir besser gegen das Risiko einer alternden Bevölkerung geschützt sind, die Rentenbeiträge finanzierbar bleiben und die Menschen stärker von den Chancen einer kapitalgedeckten Altersvorsorge profitieren. Eine echte individuelle Aktienrente sorgt sogar wieder für ein steigendes Rentenniveau. Schließlich fordern wir Freie Demokraten die Einführung eines Altersvorsorgedepots für die private Altersvorsorge. Dieses Depot soll steuerlich gefördert sein und den langfristigen Vermögensaufbau für die Altersvorsorge ermöglichen, auch für alle, die selbstständig sind. Die Kapitalanlage in Fonds und Wertpapiere und Umschichtungen innerhalb des Altersvorsorgedepots sind steuerfrei, solange die Erträge reinvestiert werden. Auch in der betrieblichen Altersvorsorge müssen höhere Aktienanteile ermöglicht werden.
Bildung ist der Schlüssel zu sozialem Aufstieg und wirtschaftlichem Fortschritt. Deshalb setzen wir uns für ein modernes und chancengerechtes Bildungssystem ein, das jedem Kind – unabhängig von seiner sozialen Herkunft – beste Möglichkeiten eröffnet. Wir Freie Demokraten wollen die frühkindliche Bildung durch bundeseinheitliche Kita-Qualitätsstandards fördern. Diese umfassen insbesondere einen bedarfsgerechten Betreuungsschlüssel, der pädagogische Arbeit, administrative Aufgaben und Ausfallzeiten einberechnet, den Abbau überflüssiger Bürokratie und den Einsatz von multiprofessionellen Teams zur Entlastung des Erziehungspersonals. So stellen wir verlässliche Betreuungszeiten und eine hohe Betreuungsqualität sicher. Außerdem wollen wir die Kindertagespflege als eine weitere Säule der Kindertagesbetreuung stärken. Die Verantwortung für die Kitas überführen wir vom Familien- in das Bundesbildungsministerium, um eine ganzheitliche Verantwortung für den Bildungsweg von der Kita bis zum Bildungsabschluss in einer Hand zu gewährleisten. Durch ein Startchancen-Programm für Kitas soll zusätzlich unterstützt werden, wo ein hoher Anteil sozial benachteiligter Kinder oder ein akuter Kita-Platzmangel vorhanden ist. Auch der MINT-Förderung wollen wir mehr Raum in der frühkindlichen Bildung geben.
Um die Sprachkompetenzen optimal zu fördern, wollen wir bundesweit verpflichtende und altersgerechte Sprachtests für alle Kinder im Vorschulalter. Die Einschulung soll erst dann erfolgen, wenn Deutschkenntnisse ausreichen, um dem Unterricht ordnungsgemäß folgen zu können. Dazu müssen in vorgelagerten Schuleingangsuntersuchungen Sprachstandserhebungen erfolgen. Bei Förderbedarf soll eine verpflichtende Sprachförderung für mindestens zwei Jahre vor Beginn der Schulpflicht folgen.
Wir können uns den Kompetenzkampf zwischen Bund und Ländern nicht länger erlauben. Dadurch verpassen wir, das Bildungssystem zu schaffen, das unsere Kinder verdienen. Wir Freie Demokraten fordern daher eine grundlegende Reform des Bildungsföderalismus, die einheitliche Standards und eine stärkere Rolle des Bundes in der Bildung möglich macht und in deren Rahmen die Finanzverteilung zwischen Bund und Ländern so geändert wird, dass der Bund die nötigen Finanzierungsverpflichtungen übernehmen kann. Bis zur entsprechenden Umsetzung unterstützt der Bund Vorhaben ausnahmsweise im Rahmen der Kompetenzzuweisung des Grundgesetzes, der Länderanteil muss dem strikten Grundsatz der Zusätzlichkeit (also neue Mittel) folgen.
Darüber hinaus sollen Kooperationen zwischen dem Bund auch nur mit einem Teil der Länder ermöglicht werden. Wir wollen die Kultusministerkonferenz (KMK) als Entscheidungsgremium abschaffen und durch einen Bundesbildungsrat aus Wissenschaftlern, Praktikern, Eltern- und Wirtschaftsvertretern ersetzen. Schülerleistungen sind besser, wenn Schulen mehr Freiräume haben und sie nicht durch Bürokratie gelähmt werden. Wir setzen uns für Schulfreiheitsgesetze ein.
Wir wollen unter Wahrung der bestehenden Finanzierungsverantwortung für Bildung einheitliche bundesweite Qualitätsstandards für Bildung von Kindern ab der Kita bis zum Schulabschluss schaffen. Durch einheitliche Abschlussprüfungen (Deutschland-Abitur) stellen wir die bundesweite Vergleichbarkeit von Schulabschlüssen sicher. Wir sprechen uns für eine Notenpflicht spätestens ab der dritten Klasse aus. Wir setzen uns für moderne außerschulische Lernorte ein – beispielsweise sogenannte Schülerlabore, Maker-Spaces und TUMO-Zentren. Wir wollen KI-gestützte und adaptive Lernmethoden in den Schulalltag integrieren, indem wir analog zum GovTech-Campus einen Campus für Bildungsinnovationen schaffen. Dieser vernetzt Bundesländer und Kommunen mit innovativen Akteuren der Tech-Szene und der angewandten Forschung.
Doch Bildung endet nicht mit dem Schul- oder Studienabschluss: Angesichts der schnellen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt muss lebenslanges Lernen selbstverständlich werden. Daher fördern wir Weiterbildungs- und Umschulungsprogramme sowie digitale Bildungsangebote, um Menschen dabei zu unterstützen, ihre Qualifikationen kontinuierlich zu erweitern.
Mit freundlichen Grüßen
Judith Skudelny