Was gedenken Sie gegen das immer offensichtliche Wiederaufkeimen des Faschismus in Deutschland zu tun?
Sehr geehrte Judith Skudelny,
ich schreibe Ihnen um für ein Verbot der Partei AfD zu appelieren. Mit Grausen und zunehmender Angst verfolge ich, wie rechtsextremes Gedankengut Stück für Stück normalisiert und zunehmend offener in allen Gesellschaftsschichten vertreten wird. Wir haben die historische Verantwortung, diese Bewegungen nicht einfach hinzunehmen, sondern die Zeichen des Präfaschismus zu erkennen und die letzten Chancen zu ergreifen um eine erneute Machtübergabe an rechtsextreme Ideolog*innen zu verhindern.
Das Verbot einer Partei löst selbstverständlich nicht die Probleme, die wir ganz offensichtlich haben, wenn über ein Fünftel der Wahlberechtigten scheinbar kein Problem darin sieht eine offen rechte Partei zu wählen. Das Verbot ist eine Möglichkeit Zeit zu gewinnen um mit diesen Problemen umzugehen.
Wenn bei den kommenden Bundestagswahlen Faschist*innen an die Macht kommen, haben wir diese Zeit nicht mehr.
Ich fordere Sie auf, JETZT endlich zu handeln.
Sehr geehrte Frau W.,
vielen Dank für Ihre Nachricht zu diesen wirklich beängstigenden Tendenzen in unserem Land! Die Teilnahme von AfD-Vertretern an Treffen wie dem in Potsdam untermauert, dass die AfD eine rechtsextreme, offen demokratiefeindliche Partei ist. Diese Partei stellt eindeutig eine Bedrohung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung dar und wird völlig zu Recht bundesweit vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft.
Der immer weiter erstarkende Rechtsextremismus in unserem Land bereitet mir große Sorgen. Allerdings ist ein Verbotsverfahren gegen die AfD nicht der geeignete Weg, um dieses Problem kurzfristig zu lösen. Selbst wenn sich das Bundesverfassungsgericht für ein Verbot der AfD aussprechen würde (was angesichts der beiden gescheiterten Verbotsverfahren gegen die NPD alles andere als klar ist), würden bis dahin Jahre vergehen. Verbotsverfahren von Parteien sind das letzte Mittel des Rechtsstaats, gegen verfassungsfeindliche Bestrebungen vorzugehen und haben sehr hohe Hürden. Bei der KPD dauerte das Verfahren damals fünf Jahre. Und im Anschluss an das deutsche Urteil hätte die AfD sogar noch die Möglichkeit, vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu ziehen, wo für Parteiverbote noch einmal strengere Kriterien gelten, als dies bei uns bereits der Fall ist.
In der Zwischenzeit dürften sich die gesellschaftlichen Spannungen durch das schwebende Verfahren noch weiter verschärfen und zu einer weiteren Radikalisierung führen. Die AfD würde die Opferrolle vermutlich dankbar annehmen. In einem Moment, in dem die Umfrage-Werte der AfD ohnehin durch die Decke gehen, würde die Partei das Verbotsverfahren nur als einen angeblichen Beweis dafür anbringen, dass die Staatsmacht versuche, die politische Willensbildung zu torpedieren. Derartige Mobilisierungseffekte sollten wir tunlichst vermeiden.
Als Parlamentarierin verstehe ich es als meine Aufgabe, Demokratiefeinde politisch zu bekämpfen. Es ist wichtig, dass die demokratischen Parteien wieder reformfähiger und entscheidungsfreudiger werden. So verhindern wir den Eindruck, dass die Politik sich selbst blockiert. Außerdem müssen wir die populistischen Parolen der AfD entlarven und aufzeigen, warum rückwärtsgewandter Populismus eben nicht in der Lage ist, die Herausforderungen unserer Zeit lösen kann.
Anstatt uns auf die Gerichte zu verlassen, sind wir jetzt alle gefordert, für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung einstehen und klare Kante gegen Extremismus zu zeigen. Ich bin dankbar, in Ihnen eine Mitstreiterin zu haben!
Mit freundlichen Grüßen
Judith Skudelny