Frage an Josephine Ortleb von Antje S. bezüglich Energie
Sehr geehrte Frau Ortleb
Wir haben in der Corona-Krise gelernt, dass es gut ist auf die
Wissenschaftler/innen zu hören. Länder, die Empfehlungen lange ignoriert
haben, wie die USA und Brasilien haben jetzt viel größere Probleme mit dem
Virus. Wir sollten jetzt auch auf die Klima- aber auch auf unsere
Wirtschaftswissenschaftler/innen hören, die sagen, dass wir viel schneller,
als die Regierung es plant, u.a. auf die erneuerbaren Energien umstellen
müssen. Dazu lesen Sie auch:
https://www.sueddeutsche.de/wissen/klimapaket-klimagesetz-klimaschutz-klimapolitik-leopoldina-1.4666841
Das Kohleausstiegsgesetz jedoch schreibt das fossile Geschäftsmodell von RWE für weitere 18 Jahre fest. Dabei ist die Braunkohle schon jetzt, ohne Subventionen, nicht mehr profitabel. Die Mengen wurden nicht reduziert. Es soll nun die selbe Menge Kohle, wie schon 2016 beschlossen, abgebaut werden. Dies passiert nun einfach nur
schneller. Statt bis 2045 wird diese Menge nun bis 2038 abgebaut. 5 Dörfer
werden dafür verschwinden müssen. Damit wirft die Regierung die Parisziele nun endgültig und unwiderruflich über den Haufen ! RWE ist immerhin für 25% des gesamten CO2 Ausstoßes von Deutschland verantwortlich ! Das Gesetz sichert über den §42 der Kohleindustrie systemrelevanz zu. Diese Aussage wurde jedoch erst vor kurzem vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung für falsch erklärt. Die Bundesregierung verpflichtet sich trotzdem den Pfad auch durch nachträgliche gesetzliche Regelungen nicht zu gefährden (z.B. auf EU Ebene). Weitere Mitsprache und Transparenz ist nicht gewünscht. Daher werden die Regelungen mit RWE nicht im Gesetz stehen, sondern in einen öffentlich-rechtlichen Vertrag ausgelagert. Dieser Vertrag ist dann für die Öffentlichkeit nicht einsehbar und die Regelungen können nicht mehr einseitig von Seiten des Staates geändert werden. Mit kluger Vernetzung durch moderne Technologie, können schon jetzt verschiedenste regenerative Energieproduzenten die Grundlast übernehmen. Wie weit die Entwicklung neuer Technologien in ein paar Jahren sein wird, können wir noch nicht absehen. Daher ist es grob fahrlässig und schadet der Zukunft
unseres Staates, hier Verträge abzuschließen, die 18 Jahre lang laufen und die
sich nicht mehr rückgängig machen lassen (oder nur gegen hohe
Entschädigungszahlungen)Die einzelnen kritischen Paragraphen finden Sie in:
https://koelle4future.de/blog/2020/05/20/pressemitteilung-kohleausstiegsgesetz/
Die Proteste der Kinder und Jugendlichen scheinen nicht gehört worden zu sein.
Auf die Zukunft der jungen Generation wird keine Rücksicht genommen.
Daher nun meine Frage an Sie: Werden sie dem Kohleausstiegsgesetz in seiner jetzigen klimaschädlichen Form zustimmen ?
mit freundlichen Grüßen
Antje Sander
Sehr geehrte A. S.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Ich glaube, die Energiewende ist der beste Beweis ist, dass die Politik sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen, (technischer) Forschung und Entwicklung orientiert. Nicht anders ist zu erklären, warum eines der am tiefsten industriell geprägten Länder der Welt, Deutschland, sich bereits seit mehr als 20 Jahren auf dem Transformationspfad der Energiewende befindet. Seien sie versichert, eine Vielzahl der politischen Schleifen und Verhinderungsaktionen, die insbesondere die neoliberale schwarz-gelbe Regierung gezogen hat, hätte ich uns allen gerne erspart. Das Kohleausstiegsgesetz ist wahrlich das Kernelement des Klimapakets, das, wenn wir ehrlich sind, unter einer schwarz-gelb-grünen Regierung sicher anders ausgesehen hätte. Von daher stehe ich als SPD-Abgeordnete zu diesem Paket und dem Ausstieg aus der Braun- und Steinkohle. Letztere betrifft auch meinen Wahlkreis Saarbrücken. Wir stehen dort zum Steinkohleausstieg. Zur Wahrheit gehört auch, die Kohle und der Stahl haben uns industrialisiert. Dadurch können junge Menschen bis heute fachlich hoch spezialisiert ausgebildet werden, Menschen hatten Arbeit in Bereichen, die eine hohe Mitbestimmung verzeichnen und relativ gut entlohnt sind und es wurde immer geforscht und weiterentwickelt. Diese Strukturen sind wertvoll. Diese zu verlieren, werden wir nie wieder rückgängig machen können. Deshalb spüre ich den Druck auf meinen Schultern, diese Transformation gut durchdacht, besonnen und konsequent zu begleiten. Die Rahmenbedingungen müssen stimmen, damit große und wichtige Wärmenetze funktionieren, dass Strom verfügbar und bezahlbar ist und die kommunalen Stadtwerkstrukturen, die demokratisch kontrolliert sind, erhalten und handlungsfähig bleiben.
Das Konjunkturpaket der Bundesregierung wird das Klimapaket aus dem letzten Jahr nun massiv finanziell nach vorne bringen, mit Investitionen in den ÖPNV, grünem Wasserstoff und weiterer Forschung und Entwicklung. Ich verstehe ihre Sorgen und finde mich darin wieder. Mein Ziel ist es daher, an den parlamentarischen Beratungen zum Kohleausstiegsgesetz so mitzuwirken, dass wir einen ausgewogenen und klimafreundlichen Ausstieg hinbekommen. Denn seien wir ehrlich, je schneller wir die Kohle überflüssig machen, desto früher geht sie aus dem Netz raus. Auch vor 2038.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen aus Saarbrücken, Josephine Ortleb