Wollen Sie das unwürdige und rechtlose Vorgehen der Passauer Ausländerbehörde im Fall Reza R. dulden?
Guten Tag Herr Herrmann
Die SZ berichtete über den Fall: https://www.sueddeutsche.de/bayern/passau-abschiebung-iran-protest-herrmann-1.5668517?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE
Meine Fragen an Sie:
-Grundsätzlich: warum versucht Ihre Behörde, jemanden abzuschieben, der sich offenbar gut integriert und sogar einen Beruf ergreifen möchte, der dringend gebraucht wird?
-Warum jetzt in den Iran abschieben, haben Sie mitbekommen, was dort gerade passiert?
-Wollen Sie dulden, dass eine Behörde den Betroffenen anlügt, um seiner habhaft zu werden? Darf dann demnächst das Einwohnermeldeamt die Bürger auch anlügen? Das Rechtsstaatsverständnis der handelnden Akteure zeigt hier doch offensichtliche Defizite. Welche Konsequenzen wird es für diejenigen geben, die diese Scharade aufführten?
-Am allerwichtigsten: werden Sie sich dafür einsetzen, dass der betroffene Herr R. nach dieser dem Rechtsstaat unwürdigen Erfahrung hier bleiben und die deutsche Gesellschaft bereichern kann?
Sehr geehrte Frau T.,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu einer geplanten Abschiebung eines Iraners aus Passau.
Sicherlich werden Sie verstehen, dass ich Ihnen aus datenschutzrechtlichen Gründen keine detaillierten Auskünfte zu dem konkreten Einzelfall erteilen kann. Seien Sie jedoch versichert, dass der Fall und die Vorgehensweise der Ausländerbehörde eingehend durch die zuständige Aufsichtsbehörde überprüft wurden.
Die vom Landratsamt Passau erlassenen ausländerrechtlichen Verwaltungsakte, die auf der gerichtlich bestätigten Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), den Asylantrag sowie den Asylfolgeantrag des Betroffenen abzulehnen, basieren, waren rechtmäßig. Die eingehende Überprüfung durch die Aufsichtsbehörde hat ergeben, dass die Einladung des Herrn R. durch die Ausländerbehörde des Landratsamts Passau nicht in der Absicht erfolgte, ihn bei dieser Gelegenheit festzunehmen. Dem Landratsamt Passau ist keine Täuschungsabsicht vorzuwerfen. Das bestätigen die Aktenlage und die Aussagen der dort handelnden Personen. Die Ausländerbehörde des Landratsamts Passau hat mitgeteilt, zur Vermeidung vergleichbarer Konstellationen in der Zukunft die hierfür notwendigen organisatorischen Maßnahmen zu treffen. Jedenfalls kann es nicht in Frage kommen, jemand mit positiven Ankündigungen auf eine Behörde einzuladen, um ihn dann dort festzunehmen.
Zudem kann ich Ihnen mitteilen, dass dem Betroffenen gegenwärtig keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen drohen. Wie Sie sicherlich den Medien entnommen haben, sind Abschiebungen in die Islamische Republik Iran seitens Bayern aktuell nicht vorgesehen, schwere Straftäter ausgenommen. Damit hat sich auch für Herrn R. die aufenthaltsrechtliche Situation geändert: Herrn R. wurde eine (befristete) Beschäftigungserlaubnis in Aussicht gestellt, sofern die Bundesagentur für Arbeit die erforderliche Zustimmung erteilt.
Zu Ihrer Frage zum Thema Rückführungen erläutere ich Ihnen gerne meine allgemeine Haltung.
Beim Vollzug von Rückführungen ist für die Bayerische Staatsregierung die Balance zwischen Humanität und Ordnung von zentraler Bedeutung. Bayern steht dabei für einen konsequenten Vollzug der geltenden Gesetze und leistet gleichzeitig einen großen Beitrag, Menschen Obhut zu gewähren, die berechtigt Schutz vor Krieg, Vertreibung und politischer Verfolgung suchen.
Asylbewerber, die nach gründlicher Prüfung ihrer Anträge durch die zuständigen Bundesbehörden und Gerichte keinen Anspruch haben, in Deutschland zu bleiben, müssen unser Land wieder verlassen. An diese rechtsstaatlich zustande gekommenen Entscheidungen sind die bayerischen Ausländerbehörden gebunden und letztlich verpflichtet, in den abschließend entschiedenen Fällen Rückführungen durchzuführen, wenn Ausreisepflichtige nicht freiwillig ausreisen.
Bei vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern steht daher nicht die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis, sondern die Aufenthaltsbeendigung im Vordergrund. Im Bereich der Berufsausbildung und im Bereich von gut integrierten Personen hat der Bundesgesetzgeber mit den Regelungen zur Ausbildungsduldung und Beschäftigungsduldung Ausnahmen von diesem Grundsatz geschaffen.
Die bayerischen Ausländerbehörden wenden diese Regelungen umfassend an – Bayern belegt bei der Zahl der erteilten Ausbildungsduldungen einen Spitzenplatz.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Herrmann, MdL