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Sehr geehrter Herr Minister,
laut Berichten in der Presse hat ein Student am Dienstag, 08.11.2022, in einer Vorlesung an der LMU offen sichtbar eine Schreckschusswaffe getragen. Laut unten angegebener Quelle sei der Student berechtigt gewesen, die Waffe (verdeckt) zu tragen ("Er [der Student] sei berechtigt, die Waffe zumindest verdeckt zu tragen, sagte der Sprecher. Als Grund habe der 18-Jährige Angstzustände angegeben."). Andere Medien teilen mit, der Student habe den kleinen Waffenschein besessen.
Falls diese Angaben zutreffend sind, stellt sich die Frage, warum eine Person mit offensichtlichen psychischen Problemen einen Waffenschein ausgestellt bekommt, der sie dazu berechtigt, eine Waffe zu tragen, mit der "bei unsachgemäßer Handhabung [...] erhebliche Verletzungen möglich sind".
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Sehr geehrter Herr R.,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu dem Vorfall an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) zu München, bei dem ein Student mit dem Tragen einer Schreckschusswaffe einen Polizeieinsatz auslöste. Ich kann Ihnen hierzu Folgendes mitteilen:
Grundsätzlich ist der Erwerb und Besitz von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen (sog. SRS-Waffen) erlaubnisfrei. Soll die Waffe auch in der Öffentlichkeit – verdeckt und außerhalb von öffentlichen Veranstaltungen und Versammlungen - geführt werden, wird hierfür ein Kleiner Waffenschein benötigt. Die Waffenbehörden prüfen dabei, wie bei jeder anderen Waffenerlaubnis auch, ob der Antragsteller zuverlässig und persönlich geeignet ist und wiederholen diese Prüfung turnusmäßig spätestens alle drei Jahre. Werden dabei Anhaltspunkte festgestellt, die gegen eine Erteilung der Erlaubnis sprechen, wird der Antrag abgelehnt.
Die Waffenbehörden prüfen darüber hinaus jedoch nicht, ob jemand ein Bedürfnis für eine SRS-Waffe hat; der Bundesgesetzgeber sieht im Waffengesetz keine solche Bedürfnisprüfung vor. Ist jemand zuverlässig und geeignet, müssen die Waffenbehörden einen Kleinen Waffenschein auf Antrag ausstellen; die Ausstellung steht nicht in ihrem Ermessen. Im Übrigen besteht kein gesetzliches Verbot nach dem bayerischen Hochschulrecht, das das Tragen von Waffen in Räumlichkeiten der Hochschulen verbietet.
Im hier konkreten Fall war der Betroffene erst seit Kurzem im Besitz eines Kleinen Waffenscheins. Ob nunmehr auf Grund seines Verhaltens und der Art und Weise, wie er die SRS-Waffe während der Vorlesung geführt hat, ein Rechtsverstoß vorliegt, der gesetzlich den Widerruf der Erlaubnis zur Folge hat, ist Gegenstand laufender Ermittlungen, denen ich nicht vorgreifen möchte. Selbiges gilt zu den Hintergründen, weshalb der Student die SRS-Waffe mitgeführt hat.
Sehr geehrter Herr R., ich hoffe, ich konnte Ihnen die rechtlichen Hintergründe und Umstände zu dem Vorfall näher erläutern und wünsche Ihnen für die Zukunft alles Gute!
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Herrmann, MdL