Warum sind Sie gegen ein Böllerverbot?
Sehr geehrter Herr Herrmann,
Sie haben sich gegen ein generelles Böllerverbot ausgesprochen, obwohl starke Argumente hierfür zweifellos überwiegen:
1. Das Hantieren mit Böllern unter Alkoholeinfluss führt jedes Jahr zu Silvester zwangsläufig zu vielen folgenschweren Verletzungen (insbesondere Augen-, Gehör- und Handverletzungen).
2. Das Böllern ist eine erhebliche psychische Belastung für die sich hier aufhaltenden Kriegsflüchtlinge.
3. Böller werden offensichtlich zunehmend als Waffe gegen Einsatzkräfte verwendet.
4. Bekannt sind die fatalen Auswirkungen auf die Wild- und Haustiere.
5. Umweltverschmutzung (Müll und Feinstaub).
6. Die entsprechenden Folgekosten.
Für die Böllerei spricht doch wohl nur der Spaß derjenigen, die das neue Jahr mit Lärm, Gestank und Müll begrüßen wollen sowie der Umsatz, der mit dem Verkauf gemacht wird.
Zentrale professionelle Feuerwerke z. B. der Gemeinden sind doch eine sinnvolle Alternative oder nicht?
Mit freundlichen Grüßen
C. D.
Sehr geehrter Herr D.,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 5. Januar 2023, in der Sie auf die Vorkommnisse in der Silvesternacht 2022/2023 Bezug nehmen. Sie kritisieren in diesem Zusammenhang meine ablehnende Haltung gegenüber einem generellen Feuerwerksverbot für Privatpersonen und führen zahlreiche Argumente für ein derartiges Verbot an.
Ganz klar verurteile ich die massiven Ausschreitungen in der Silvesternacht, vor allem in Berlin, aber auch anderen deutschen Städten wie Bochum, Duisburg, Essen, Leipzig oder Frankfurt a.d. Oder gegen Einsatzkräfte der Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste aufs Schärfste. Es ist erschreckend, wie einige Randalierer Silvesterfeiern missbrauchen und andere mit Feuerwerksköpern gefährden oder gar verletzen. Bundesweit hat es sogar mehr als 280 Angriffe auf Einsatzkräfte gegeben und leider verzeichneten wir auch in Bayern, obwohl sich bei uns glücklicherweise nicht solch gravierende Vorfälle ereignet haben, 34 Attacken auf Einsatzkräfte. Dass Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst, die täglich für unsere Sicherheit sorgen, nun zu Opfern werden, unterstreicht die Skrupellosigkeit der Täter ganz besonders. Vor diesem Hintergrund fordere ich für sie auch eine harte Bestrafung. Sie, sehr geehrter Herr D., sprechen sich sogar für ein generelles Feuerwerksverbot für Privatpersonen aus und untermauern Ihre Forderung mit einigen Argumenten.
Die allgemeinen Regelungen zu (Silvester-)Feuerwerken als pyrotechnische Gegenstände unterfallen dem Sprengstoffrecht und dafür ist in Bayern das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz federführend zuständig. Ich übermittle Ihnen jedoch nachfolgend meine Meinung aus sicherheitspolitischer Sicht.
Sie führen in Ihrer Argumentation auch an, dass Feuerwerkskörper zunehmend Verwendung als Angriffsmittel gegen Einsatzkräfte finden. Hier bin ich jedoch überzeugt, dass ein allgemeines Verbot die zugrundeliegende Problematik nicht lösen kann. Denn die eigentliche Ursache liegt vielmehr in einer zunehmenden Verrohung der Krawallmacher sowie ihrem schwindenden Respekt und ihrer fehlenden Achtung vor den Einsatzkräften von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst begründet. Dafür spricht zum einen, dass derartige Übergriffe nicht nur an Silvester, sondern grundsätzlich bei den verschiedensten Anlässen beispielsweise in Form von Stein- und Flaschenwürfen, etc. auftreten. Ich denke nur an die seit Jahren regelmäßig stattfindenden Maikrawalle. Zum anderen spricht dafür, dass die Angriffe weitaus schwerwiegender ausfallen, wenn die Einsatzkräfte anders als bei uns in Bayern nicht die entsprechende politische Rückendeckung in ihrer täglichen Arbeit zum Schutz der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger erfahren. Daher halte ich ein generelles Feuerwerksverbot aus sicherheitspolitischer Sicht nicht für zielführend. Denn meiner Meinung nach würde ein so genanntes „Böllerverbot“ am eigentlichen Problem vorbeigehen, da die zugrundeliegenden Ursachen dadurch nicht beseitigt würden. Zugleich würden damit all diejenigen Bürgerinnen und Bürger, die umsichtig und verantwortungsvoll mit Silvesterfeuerwerk umgehen – und das ist glücklicherweise die große Mehrheit – bestraft!
Sie können aber versichert sein, dass die Bayerische Polizei bei jedweden Sicherheitsstörungen, insbesondere im Falle von Straftaten, mit höchster Priorität einschreitet und zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger alle erforderlichen Maßnahmen ergreift, um ihre Sicherheit bestmöglich und angemessen zu gewährleisten. Außerdem haben Kommunen die Möglichkeit, gezielt an bestimmten Orten Verbote für Feuerwerke auszusprechen. So haben München und Nürnberg in einigen Bezirken, z.B. der Altstadt, ein komplettes Verbot verhängt und das Feuerwerk in weiteren Bereichen eingeschränkt. Außerdem ist das Abbrennen von Pyrotechnik in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen sowie besonders brandempfindlichen Gebäuden bereits seit 1977 verboten.
Neben diesen sicherheitspolitischen Überlegungen möchte ich noch Ihr Argument, dass das „Böllern“ eine erhebliche psychische Belastung für die sich in unserem Land aufhaltenden Kriegsflüchtlinge darstellt, für ein generelles Feuerwerksverbot für Privatpersonen aufgreifen. Zweifelsohne kann die kriegsähnliche Geräuschkulisse an Silvester für traumatisierte Geflüchtete aus Kriegsgebieten beängstigend wirken und dieses Problem gilt es auch ernst zu nehmen. Deshalb sollte ein rücksichtsvoller Umgang beim Ausüben der Silvester-Feuerwerk Tradition auch selbstverständlich sein. Hierbei ist wichtig, den Geflüchteten zu erklären, dass es sich beim Zünden von Feuerwerkskörpern zum Jahreswechsel um ein hiesiges Brauchtum handelt und sie nicht in Gefahr sind. Viele Gemeinden klären vor diesem Hintergrund mit mehrsprachigen Infoblättern über den Silvester-Brauch auf und auch an den Feiertagen sind vielerorts haupt- und ehrenamtliche Helfer anwesend, die verunsicherte Mitmenschen beruhigen können. Zudem darf in den meisten Flüchtlingsunterkünften selbst aus Sicherheitsgründen nicht geböllert werden. Die Bezirksregierungen verhängen hierfür ein entsprechendes Verbot. Neben den Brandschutzgründen spielen dabei auch mögliche Kriegstraumata eine große Rolle.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Herrmann, MdL