Warum schlagen Sie als Alternative zum Genderzeichen die Doppelnennung vor, obwohl diese nicht "jedes Geschlecht in gleicher Weise anspricht", was laut Ihnen bei Rechtstexten der Fall sein sollte?
Kontext ist der kürzliche Beschluss zum Verbot von Binnenzeichen in bayerischen Behörden, inklusive Ihres Zitats: https://www.stmi.bayern.de/med/pressemitteilungen/pressearchiv/2024/87/index.php
Meiner Erfahrung nach ist die Formulierung ausschließlich mit neutralen Begriffen oft umständlich und dadurch manchmal schwerer zu lesen. Bevor ein Weg konkret ausgeschlossen oder gar verboten wird, sollte mMn eine gute Alternative feststehen, nach der man sich richten kann.
Ich unterstütze das Ziel, alle Geschlechter gleichermaßen anzusprechen und dabei aber die Sprache möglichst barrierearm und natürlich zu halten. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob durch diese Regelung das Ziel gut erreicht werden kann.
Außerdem hat die Missachtung der Regel soweit ich informiert bin arbeitsrechtliche Konsequenzen. Das heißt die Angestellten müssen sehr vorsichtig sein in Wort und Sprache, und dürfen ab jetzt nicht mehr selbst entscheiden, was sie für inklusiv und verständlich halten.
Sehr geehrte Frau L.
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 19. März 2024, die ich Ihnen wie folgt beantworte:
Die schriftliche Kommunikation der Behörden des Freistaats Bayern unterliegt, aus Gründen der Verständlichkeit, (Rechts-)Klarheit und Bürgerfreundlichkeit, seit jeher den Vorschriften der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern (AGO). Diese orientiert sich hierbei aus genannten Gründen an dem geltenden Regelwerk der deutschen Rechtschreibung als übergreifendes Regelungswerk für die schriftliche Kommunikation im deutschsprachigen Raum. Entsprechend gelten gem. § 22 Abs. 5 Satz 1 AGO die Anwendungen des amtlichen Regelwerks verbindlich für alle Behörden des Freistaats Bayern.
Diese Vorschrift wurde zum 01.04.2024 in § 22 Abs. 5 Satz 2 AGO um ein ausdrückliches Verbot der nicht rechtschreibkonformen Verwendung von Wortbinnenzeichen ergänzt. Unterstützend gibt das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration hierzu bereits seit Jahren die bisher sehr nachgefragte Broschüre „Freundlich, korrekt und klar – Bürgernahe Sprache in der Verwaltung“ heraus, die als Handreichung Tipps und Hinweise zur möglichst verständlichen und freundlichen Kommunikation enthält. Mit umfasst sind zahlreiche rechtschreib-konforme Möglichkeiten zur gleichberechtigten Ansprache der Geschlechter mit entsprechenden Erläuterungen und Beispielen.
Der Rückgriff auf künstlich geschaffene, wenig eingängige und ggf. missverständliche Konstruktionen über die zweckentfremdete Verwendung von Binnenzeichen, ist demgegenüber vor o. g. Hintergrund kein gangbarer Weg. Solche Konstruktionen können in der Verwendung je nach Umsetzungsvariante faktisch zahlreiche Menschen ausschließen (insbesondere beim Thema Barrierefreiheit). Deshalb sollte jedenfalls im Behördenbereich die gesellschaftliche Entwicklung breit akzeptierter Formulierungen, die sich dann auch im Regelwerk der deutschen Rechtschreibung wiederfinden, abgewartet werden.
Im Übrigen umfasst die AGO keine Regelungen für die gesprochene Sprache. Ihre Befürchtungen, dass Angestellte in Wort und Sprache sehr vorsichtig sein müssten, sind entsprechend unbegründet. Auch in der schriftlichen Kommunikation gilt, dass ggf. festgestellte Verstöße gegen die AGO stets mit Augenmaß behandelt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Herrmann, MdL