Frage an Joachim Herrmann von Doris J. bezüglich Recht
Zitat: „Lockdown für den Pöbel, Drei-Gang-Menü für Söders Minister und Polizei-Chef
Als am Donnerstag die Vizepräsidentin des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, Eva Schichl, im Kultur- und Kongresszentrum in den verdienten Ruhestand verabschiedet werden sollte, mussten die anwesenden Journalisten den Raum der Pressekonferenz durch einen Notausgang verlassen. Als sie weg waren, ließen es sich der anwesende Innenminister Bayerns Joachim Herrmann (CSU) und die Polizisten nicht nehmen, sich von einer Catering-Firma Essen servieren zu lassen. Laut einem Bericht der „Bild“ gab es für einen erlesenen Kreis von zehn Teilnehmern ein Drei-Gänge-Menü. Mit dabei: Landespolizeipräsident Wilhelm Schmidbauer, Polizeipräsident Robert Kopp und der Rosenheimer Oberbürgermeister Andreas März (CSU)…….
…Man muss sich das vergegenwärtigen: Die Gastronomie wurde von der Politik durch Schließung vor den Abgrund gestellt – und die Verantwortlichen lassen sich bedienen und schlemmen außer Haus. Jeder Normalsterbliche darf nur eine Person treffen. Die „Großkopferten“ dagegen, wie man in Bayern die „Nomenklatura“ nennt, können es sich zu zehnt schmecken lassen.“
https://reitschuster.de/post/lockdown-fuer-den-poebel-3-gang-menue-fuer-soeders-minister-und-polizei/
Herr Herrmann, wie darf ich mir Ihr Selbstverständnis im Hinblick auf Grundrechtseinschränkungen für den Pöbel und Ihr eigenes diametrales Tun und Wirken (das zufällig durch die Aufmerksamkeit einer Journalisten aufgeflogen ist) vorstellen?
Vielen Dank für Ihre ehrliche Antwort
Doris Jauch-Keil
Sehr geehrte Frau Jauch-Keil,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 19. Januar 2021 wegen des Vizepräsidentenwechsels beim Polizeipräsidium (PP) Oberbayern Süd. Gerne erläutere ich Ihnen einige Fakten zu diesem Termin.
Am Donnerstag, den 14. Januar 2021 habe ich im Kultur- und Kongresszentrum (KuKo) in Rosenheim im Rahmen einer Pressekonferenz Frau Polizeivizepräsidentin Eva Schichl in den Ruhestand verabschiedet und Herrn Polizeivizepräsident Frank Hellwig als ihren Nachfolger der Öffentlichkeit vorgestellt.
Nach der Pressekonferenz fand in einem anderen Raum des KuKo unter strikter Beachtung der Abstands- und Hygieneregeln eine Dienstbesprechung mit der Behördenleitung des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd und dem Rosenheimer Oberbürgermeister als Leiter der örtlichen Sicherheitsbehörde statt. Neben einem abschließenden Gedankenaustausch mit Frau Polizeivizepräsidentin a. D. Eva Schichl insbesondere über ihre Erfahrungen als Einsatzchefin des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd und einem Auftaktgespräch mit Herrn Polizeivizepräsident Hellwig ging es um aktuelle sicherheitsrelevante Themen mit Bezug zum PP Oberbayern Süd. Dies betraf etwa sicherheitsspezifische Herausforderungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, Themen an der Schnittstelle zwischen Polizei und der kreisfreien Stadt Rosenheim in Bezug auf Corona-Testzentren und Impfzentren, aber auch sicherheitsbezogene Herausforderungen, die sich aus der grenznahen Lage des PP Oberbayern Süd ergeben, Stichwort Schleierfahndung. Angesichts der Tatsache, dass die hierfür relevanten polizeilichen Führungskräfte anlässlich der Pressekonferenz ohnehin vor Ort waren, lag es nahe, eine Dienstbesprechung unmittelbar im Anschluss an den Pressetermin im KuKo anzuberaumen.
Zugegen waren insgesamt zehn Besprechungsteilnehmer, die an zehn separaten Tischen mit jeweils mehr als zwei Metern Abstand zueinander platziert waren. Aufgrund der über Mittag andauernden Besprechung wurde den Teilnehmern eine Suppe sowie ein Hauptgericht mit Dessert angeboten und jeweils einzeln am Platz gereicht. Dies ist nach dem geltenden Infektionsschutzrecht uneingeschränkt zu-lässig. Zudem war der medial erweckte Eindruck, es habe ein opulenter Festakt stattgefunden, unzutreffend.
Selbstverständlich waren sich alle Anwesenden ihrer Verantwortung im Hinblick auf die Corona-Pandemie bewusst. Die Dienstbesprechung war in dieser Form dienstlich notwendig und deshalb nach § 4 Abs. 2 der aktuellen Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung ohne jeden Zweifel rechtlich zulässig. Selbstverständlich finden auch im Innenministerium und in der Polizei gegenwärtig zahlreiche Besprechungen als Telefon- oder Videoschaltkonferenzen statt. Mir ist es aber wichtig, auch in dieser Zeit mir immer wieder auch persönliche Eindrücke vor Ort zu verschaffen. Deshalb habe ich seit Beginn der Pandemie Krankenhäuser und Pflegeheime besucht, Polizeiinspektionen und Rot-Kreuz-Stationen, Feuerwehrwachen und Bundeswehrkasernen, Flüchtlingsheime und Schulen - weil ich unmittelbar vor Ort erfahren will, wie die Lage ist und wo die Probleme liegen, auch in den Hotspots, wie schon zu Beginn in den Landkreisen Tirschenreuth und Miesbach. Ich habe dabei stets den gebotenen Abstand gehalten und Mund-Nasen-Schutz oder Maske getragen und mich nicht infiziert.
Rückmeldungen wie die Ihre machen mir aber bewusst, dass dienstlich notwendige und rechtlich absolut einwandfreie Termine in diesen schwierigen Zeiten von nicht allen Menschen in gleicher Weise als Selbstverständlichkeit wahrgenommen, sondern mit ihrer privaten Situation in Beziehung gesetzt werden und deshalb besonders sensibel bewertet werden müssen, gerade mit Blick auf die erheblichen Einschränkungen bei den privaten Kontakten, bei der Mobilität und der Freizeitgestaltung, etwa dem Besuch von Gaststätten. Ich bedauere sehr, dass dadurch der gesamte Termin in ein schiefes Licht geraten ist.
Deshalb versichere ich Ihnen ausdrücklich: Nichts lag mir ferner, als für die Besprechungsteilnehmer oder gar für mich ein Sonderrecht oder ein Privileg in Anspruch zu nehmen. Ganz im Gegenteil: Ich bedauere, dass bei Ihnen dieser Eindruck entstanden ist. Denn mir ist bewusst, dass die im Kampf gegen das Virus ergriffenen Maßnahmen jeder und jedem einzelnen und damit auch Ihnen viel abverlangen, und ich bringe bei jeder Gelegenheit zum Ausdruck, wie dankbar ich allen Menschen bin, die die Regeln einhalten und sich so mit den besonders durch Corona gefährdeten Menschen solidarisch zeigen.
Ich danke Ihnen nochmals für Ihr Schreiben und Ihren kritischen Blick. Für die gegenwärtig schwierige Zeit wünsche ich Ihnen stabile Gesundheit und alles Gute!
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Herrmann, MdL