Frage an Joachim Herrmann von Guido L. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Herrmann,
wie Sie sicherlich wissen, fand in den vergangenen zwei Wochen ein Protestmarsch von Asylbewerbern in Bayern statt (von Würzburg bzw. Bayreuth zur Landeshauptstadt München). Nach Medienberichten marschierten die Bewerber durchweg friedlich und fanden Nachtquartiere u.A. in Kirchen. Gestern (Sonntag, 01.09.13) wurde der Protestmarsch mit massivem Polizeieinsatz, unter Anwendung von Gewalt, in Freising beendet, siehe z.B. http://www.merkur-online.de/lokales/freising/freising/freising-protestmarsch-asylbewerbern-polizei-brutal-gestoppt-3086993.html .
Bekanntlich gibt es nur noch in den Bundesländern Sachsen und Bayern die sog. "Residenzpflicht" für Asylbewerber.
Meine Fragen:
- Halten Sie das gestrige Vorgehen der Ihnen unterstellten Polizei für angemessen?
- Teilen Sie meine Auffassung, dass hier "mit Kanonen auf Spatzen geschossen" wurde?
- Teilen Sie meine Auffassung, dass zwar das sog. "Recht" durchgesetzt wurde, durch das massive Vorgehen der Polizeibeamten aber signalisiert wird, dass der Freistaat Bayern, repräsentiert durch die jetzige Staatsregierung (auch Sie persönlich), alles andere als liberal, christlich (gnädig), menschlich und tolerant ist?
- Teilen Sie meine Meinung, dass wohl nichts passiert wäre, wenn die Asylanten/Demonstranten friedlich(!) ihre Anliegen in München vorgetragen hätten?
- Teilen Sie meine Beobachtung, dass die für Asylbewerber zuständige Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) wenig Empathie für die Asylanten aufbringt und den offenen Meinungsaustausch mit diesen eher scheut (siehe z.B. http://www.sueddeutsche.de/bayern/haderthauer-verweigert-gespraech-mit-asylbewerbern-eklat-in-wuerzburg-1.1625990 )?
- Teilen Sie meine Meinung, dass der Protestmarsch ein Hilfeschrei der Asylbewerber war?
In Erwartung Ihrer hoffentlich aufschlussreichen Antwort (bitte vor den bayrischen Landtagswahlen am 15.09.) im Voraus dankend verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen aus Eching (Lkr. Freising)
Guido Langenstück
Sehr geehrter Herr Langenstück,
Ihre Anfrage bei „www.abgeordnetenwatch.de“ vom 02.09.2013 habe ich erhalten und darf Ihnen Folgendes mitteilen:
Der Aufenthalt von Asylbewerbern ist bundesrechtlich nach dem Asylverfahrensgesetz räumlich beschränkt (sog. „Residenzpflicht“) auf das Gebiet des Landkreises oder der kreisfreien Stadt, in der die ihnen zugewiesene Unterkunft liegt. Mit der räumlichen Beschränkung wird die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sichergestellt. Außerdem wird so erreicht, dass die Asylbewerber gleichmäßig über das Land verteilt sind und sich nicht nur in den großstädtischen Ballungsräumen aufhalten mit den damit verbundenen sozialen Folgeproblemen. Bayern hat im Jahr 2010 von einer bundesrechtlichen Ermächtigung Gebrauch gemacht und den Asylbewerbern erlaubt, sich erlaubnisfrei vorübergehend im gesamten Regierungsbezirk aufzuhalten.
Ein einmaliger Verstoß gegen die Residenzpflicht stellt eine Ordnungswidrigkeit nach dem AsylVfG dar, jede weitere Missachtung ist eine Straftat nach dem AsylVfG. Für die Bayer. Polizei gilt das Legalitätsprinzip, d. h. bei Bekanntwerden von Straftaten müssen diese verfolgt werden. Bei den Kontrollen wurde festgestellt, dass Teilnehmer von Asylbewerbermärschen teils auch mehrfach gegen die Residenzpflicht verstoßen haben. Weitere Kontrollen waren erforderlich, da sich die Zusammensetzung der beiden Asylbewerbermärsche beinahe täglich änderte. Bei diesen Kontrollen verweigerten Teilnehmer die Angabe ihrer Identität. Die Teilnehmer hakten sich auch gegenseitig unter, um die Kontrolle bewusst zu erschweren. Auch wurden die Einsatzkräfte bei den Kontrollen gebissen, angespuckt und zum Teil beleidigt.
Einsätze der Bayer. Polizei werden anhand bundesweit gültiger Polizeivorschriften und entsprechender vorheriger intensiver Lagebeurteilung geplant und auch dementsprechend durchgeführt.
Das Versammlungsrecht und die Grundrechte wurden durch die Kontrollen zu keiner Zeit in Frage gestellt.
Wir leben in einem freien Land. Deshalb kann sich Jedermann an Aufzügen und Versammlungen beteiligen, auch Asylbewerber, wenn sie sich an die geltenden Gesetze halten.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Herrmann, MdL