Frage an Joachim Herrmann von Lucia R. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Herrmann,
am 20.3.13 wurde die zum 1.4.13 in Kraft getretene Änderung des BayRDG verabschiedet. Teil dieser Änderung war die Einführung des neuen Art. 33a, der sog. "Retterfreistellung", die momentan, auch von Ihnen, öffentlich als "Rettergleichstellung" dargestellt und gefeiert wird.
Leider muss man bei Betrachtung von Art. 33a BayRDG aber feststellen, dass lediglich ein erster Schritt in die sicherlich richtige Richtung gemacht wurde, dieser aber keine echte Gleichstellung hinsichtlich Freistellungs- und Lohnfortzahlungsansprüchen erwirkt.
In Art. 33a BayRDG ist nämlich lediglich von "Arbeitnehmern, die ehrenamtlich im Rettungsdienst tätig sind" die Rede. Ferner wird keine Regelung von Ansprüchen bei Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen, Sicherheitswachen und Bereitschaftsdiensten (wie in Art. 9 BayFwG) getroffen. Somit kann selbst im Fall der ehrenamtlichen Rettungsdienstler nicht von einer Gleichstellung mit Helfern der Feuerwehr gesprochen werden.
Wegen des Wortlauts muss eine weitere Unterscheidung getroffen werden: Da lediglich die Rede von Ehrenamtlichen im Rettungsdienst ist, bleibt eine ganze Reihe von Helfergruppen unerfasst, und hat nach wie vor keinerlei gesetzlich geregelte Ansprüche. Hiervon betroffen sind Helfer für die Betreuung von unverletzt Betroffenen in Notunterkünften (z.B. bei Wohnhausbrand, Bombenfund o.ä.), Rettungshundestaffeln, Suchdienste, Techniker, Medienarbeiter, Ausbilder, die organisierte Erste Hilfe und viele mehr.
Sie sehen es existiert momentan eine 3-Klassen-Helfergesellschaft, wodurch indirekt auch eine unzulässige und unsachgemäße Wertung ehrenamtlichen Engagements entsteht.
Sehr geehrter Herr Herrmann, mich würde daher von Ihnen, als Mitglied im Landtag und bayerischer Staatsminister des Inneren, interessieren wie Sie zur geschilderten Problematik stehen? Was werden Ihre nächsten Schritte sein um eine echte Gleichstellung aller ehrenamtlichen Helfer im Bevölkerungsschutz zu erreichen?
Sehr geehrte Frau Reis,
Ihre über www.abgeordnetenwatch.de gestellte Anfrage vom 14. August 2013 zum Thema "Inneres und Justiz" habe ich erhalten.
Mit dem zum 1. April 2013 in Kraft getretenen Art. 33a des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes (BayRDG) wurde für die ehrenamtlichen Einsatzkräfte im Rettungsdienst die sog. Retterfreistellung geschaffen. Die von den Leitstellen alarmierten, ehrenamtlichen Kräfte im Rettungsdienst erhalten durch diese Regelung erstmals einen gesetzlichen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit, Lohnfortzahlung beziehungsweise Ersatz ihres Verdienstausfalls sowie Ersatz ihrer einsatzbedingten Sachschäden. Damit wurde eine durch die Hilfsorganisationen seit Jahren erhobene Forderung erfüllt.
Welche Einsatzkräfte von Art. 33a BayRDG erfasst werden, wurde im Vorfeld der Gesetzesänderung mit den freiwilligen Hilfsorganisationen sowie den privaten Rettungsdienstunternehmen umfassend diskutiert und gemeinsam festgelegt. Alle Beteiligten waren sich einig, dass nur die unmittelbar mit der rettungsdienstlichen Transportleistung sowie der medizinischen Notfallversorgung zur Vorbereitung und Begleitung der Transportleistung betrauten Kräfte erfasst werden können. Hintergrund ist der insofern beschränkte Anwendungsbereich des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes (vgl. Art 1 und 2 BayRDG).
Betreuungskräfte und Einsatzkräfte der Krisenintervention zählen grundsätzlich nicht zur zeitkritischen notfallmedizinischen Primärversorgung des Rettungsdienstes. Allerdings werden auch diese Kräfte vom Anwendungsbereich der Retterfreistellung erfasst, soweit sie bei einem Massenanfall von Verletzten von der Integrierten Leitstelle als Unterstützung alarmiert werden. In diesem Fall profitieren auch sie von den neuen gesetzlichen Leistungen (vgl. hierzu Art. 44 der Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes – AVBayRDG). Mit dieser Lösung geht das Gesetz an die äußerste Grenze seiner Regelungsmöglichkeiten.
Ehrenamtliche Helfer, die nach Dienstplan (und damit außerhalb ihrer Arbeitszeit im Hauptberuf) am Rettungsdienst mitwirken, werden von Art. 33a BayRDG nicht erfasst. Ebenfalls nicht erfasst werden Einsatzkräfte der organisierten Ersten Hilfe, da diese weder Bestandteil noch Ersatz des öffentlichen Rettungsdienstes sind.
Ziel der Regelung in Art. 33a BayRDG war – auch nach den ausdrücklichen Rückmeldungen der Hilfsorganisationen in den Vorgesprächen – nicht eine pauschale Gleichstellung mit der Situation der Feuerwehren und den Einheiten im Katastrophenschutz. Beabsichtigt war vielmehr eine eigenständige Regelung, welche die speziellen Einsatzsituationen und Organisationsbedürfnisse der ehrenamtlichen Kräfte im Rettungsdienst berücksichtigt. Die nunmehr gefundene Lösung sichert die bestehende Leistungsfähigkeit des bayerischen Rettungsdienstes und gewährleistet die unerlässliche Mitwirkung ehrenamtlicher Kräfte auch während ihrer regelmäßigen Arbeitszeit.
Aus den genannten Gründen unterscheidet sich die Regelung des Art. 33a BayRDG bewusst von den entsprechenden Regelungen im Bayerischen Feuerwehrgesetz und im Katastrophenschutzgesetz. Die Schaffung eines gemeinsamen Freistellungs- und Erstattungsanspruches für sämtliche ehrenamtlichen Helfer würde eine allgemeine Regelung für ehrenamtlich Tätige erfordern. Intention der Retterfreistellung war jedoch, den von den Hilfsorganisationen geforderten Anspruch der ehrenamtlichen Einsatzkräfte im Rettungsdienst gesetzlich zu verankern.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Herrmann, MdL