Frage an Joachim Herrmann von Benjamin L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Herrmann,
vielen Dank für Ihre Antwort vom 22.2.2012.
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung wirft dem BKA vor, absichtlich viele Anfragen gestellt zu haben, die von vorneherein ausichtslos waren, um damit eine möglichst große Schutzlücke zu erzeugen, die es so nicht gibt [1]. Dieses Vorgehen wurde bereits beim Bundesrechnungshof angezeigt. Da die Ergebnisse nicht veröffentlicht werden dürfen, würde ich Sie bitten, zu diesem Vorwurf Stellung zu nehmen, ob Sie die Einschätzung des Arbeitskreises teilen oder nicht und ob der Bundesrechnungshof bereits ein Ergebnis dazu veröffentlicht hat.
Des Weiteren würde ich gerne wissen, in wie weit Äußerungen in Foren oder Vermisstensuche mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar sind, die das Bundesverfassungsgericht deutlich aufgezeigt hat. Weiter stellt sich mir hier die Frage, warum die Polizei ohne Vorratsdatenspeicherung nicht dazu in der Lage sein sollte, diese Fälle aufzuklären, da die Polizei bereits jetzt und ohne Vorratsdatenspeicherung die Verbindungsdaten in den meisten Fällen erhält, wie ich vor ein paar Wochen bereits gelesen habe.
Weiter geht aus einer Statistik des Bundesamtes für Justiz aus dem Jahr 2009 hervor [2], dass Kinderpornographie und Terrorismus die Gründe sind, für die die Telekommunikationsüberwachung nur in wenigen Ausnahmefällen eingesetzt wird. Meist sind Delikte wie Drogenhandel oder Raub das Haupteinsatzgebiet. Deswegen würde ich gerne wissen, warum Sie Terrorismus und andere schwere Delikte als Vorwand für die Telekommunikationsüberwachung erwähnen, wenn diese dafür gar nicht zur Anwendung kommt.
[1] https://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/505/79/lang,de/
[2] http://gutjahr.biz/2011/05/die-anti-terror-luege/
Mit freundlichen Grüßen
Benjamin Lebsanft
Sehr geehrter Herr Lebsanft,
vielen Dank für Ihre nochmalige Anfrage zum Thema Mindestspeicherfrist für Telekommunikationsverkehrsdaten.
Ich bitte um Verständnis, dass ich als Innenminister des Freistaates Bayern zu Fragen, die Bundesbehörden betreffen, nicht Stellung nehmen kann.
Ergänzend zu Ihrer Fragestellung möchte ich ausführen, dass bei Vermisstenfällen oftmals eine Gefahr für Leib oder Leben angenommen werden kann. Gerade Telekommunikationsverkehrsdaten sind im Hinblick auf die Feststellung von Aufenthaltsorten von vermissten Personen ein wichtiges polizeiliches Ermittlungsinstrument.
Wie bereits in meinen Ausführungen vom 22.02.2012 erwähnt, bin ich der Auffassung, dass der Zugriff auf Telekommunikationsverkehrsdaten aus polizeifachlicher Sicht nicht nur für die Bekämpfung des Terrorismus, sondern auch für die Bekämpfung der Schwerkriminalität und der Organisierten Kriminalität von großer Bedeutung ist. Unzweifelhaft sind die von Ihnen angeführten Delikte Drogenhandel und Raub unter den Begriff Schwerkriminalität zu subsumieren.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Herrmann, MdL