Frage an Joachim Herrmann von Markus H. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Minister Herrmann,
die Meldungen über
a) getötete Polizisten und Polizistinnen (jüngst in Augsburg, April 2007 in Heilbronn)
b) der unaufgeklärte Messerangriff auf den Passauer Polizeichef vom 13.12.2008
c) die nun durch die Polizei offengelegte Tatserie des "untergetauchten" und sonderbarerweise Ausweisen ausgestatteten "Heimatschutzes Thüringen" in Zwickau
d) die persönliche Gegenwart eines V-Manns des hessischen Verfassungsschutzes bei einer der Bluttaten
lassen mich die Leistungen der Verfassungsschutz-Behörden in Frage stellen. In einem Kommentar des Deutschlandfunks hieß es gestern, V-Männer der rechten Szene werden "gut bezahlt". Ein heute morgen auf Bayern 2 befragter Journalist gab an, in der NPD sei bis zu ein Drittel der Führungsriege als V-Männer vom Verfassungsschutz rekrutiert.
Daher meine Fragen:
1) Was halten Sie von der Annahme, dass diese Unterwanderung der rechten Szene längst bekannt ist und damit alle V-Männer den Verfassungsschutz an der Nase herumführen können?
2) Was halten Sie von der Annahme, dass Verfassungsschützer durch Finanzierung von V-Männern sogar zum Unterhalt solcher Individuen und Organisationen beitragen?
3) Der in dieser Weise gepflegte Extremismus wiederum Verfassungsschützer nötig macht?
4) Wann und weswegen ist der in d) genannte V-Mann suspendiert worden?
Im übrigen sehe auch ich mit Interesse Ihrer Antwort auf die Fragen von Herrn Müller (13.10.2011)
www.abgeordnetenwatch.de/joachim_herrmann-512-11225--f314314.html#q314314
und von Herrn Methfessel (11.11.2011)
www.abgeordnetenwatch.de/joachim_herrmann-512-11225--f316895.html#q316895
entgegen.
Die differenzierten Überlegungen von Herrn Gessner in Sachen Nachrichtendienste
www.abgeordnetenwatch.de/hans_christian_stroebele-575-37994--f315331.html#q315331
in der Korrespondenz Herrn Ströbele finde ich übrigens so lesenswert
wie ich der Debatte um letztlich unwirksame Parteienverbote überdrüssig bin.
Mit freundlichen Grüßen
Markus Hiereth
Sehr geehrter Herr Hiereth,
vielen Dank für Ihre Mitteilung. Die nun aufgedeckten brutalen Morde der rechtsextremistischen Gruppe aus Thüringen und das aufgefundene Video-Material zeigen eine neue Dimension an Menschenverachtung und Brutalität. Zugleich sind diese Taten atypisch für extremistische Terroristen, die sich sonst zeitnah zu ihren Gewalttaten bekennen, entweder um Angst und Schrecken zu verbreiten oder mit diesen Gewalttaten für sich und ihre Ideologie zu werben.
Mit solchen Tätern, die über Jahre hinweg untertauchten und im Verborgenen extremistische Morde begangen haben, hat niemand gerechnet. Es gilt nun, diese Verbrechen sowie ihre Zusammenhänge umfassend aufzuklären. Erst nach Abschluss der Untersuchungen kann ganzheitlich beurteilt werden, welche Folgerungen daraus zu ziehen sind. Vorschnelle Beschuldigungen und Forderungen - wie sie in den vergangenen Tagen von verschiedenen Seiten bewusst gesteuert werden - helfen dagegen nicht weiter.
Zu dem von Ihnen angesprochenen Einsatz von V-Leuten ist zu sagen, dass dieser in unserem Land - ebenso wie in praktisch allen anderen Staaten der Welt - unverzichtbar ist für die Beobachtung extremistischer Bestrebungen. Auch wenn in extremistischen Kreisen grundsätzlich bekannt sein dürfte, dass es "Verräter" in den eigenen Reihen gibt, so ist dort nicht bekannt, wer im Einzelfall diese Personen sind. V-Leute können deshalb wichtige Informationen liefern, die den Sicherheitsbehörden dabei helfen, verfassungsfeindliche Bestrebungen zu bekämpfen. Die Vorstellung, dass Geldzahlungen an V-Leute im Ergebnis extremistische Organisationen und Bestrebungen unterstützen würden, geht an der Lebenswirklichkeit vorbei: V-Leute lassen sich gerade nicht im Interesse ihrer Organisation, sondern aus i.d.R. finanziellen persönlichem Interesse anwerben. Eine Weiterleitung von Geldzahlungen ist schon deswegen fernliegend, zumindest aber die absolute Ausnahme.
Zu dem von Ihnen außerdem angesprochenen Vorfall in Hessen, der laut Medien einen Beamten des Hessischen Landesamts für Verfassungsschutz, also einen Staatsbeamten und gerade keinen V-Mann, der der rechtsextremistischen Szene zuzurechnen ist, betraf, kann ich leider keine eigenen Erkenntnisse beitragen.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Herrmann, MdL