Warum wird das Visumsverfahren mit Russland nicht ausgesetzt?
Sehr geehrter Herr Beeck,
Sie wissen bestimmt, dass das Visa-Antragsaufkommen von russischen Staatsangehörigen an den deutschen Auslandsvertretungen in der Russischen Förderation hoch ist.
Warum geht man im Angesicht der Kriegsverbrechen der Russen in Butscha nicht als weitere Sanktion dazu über, dass Visumsverfahren mit Russland komplett einzustellen?
Wie ist Ihre Meinung hierzu auch gerade hinsichtlich der Durchsetzbarkeit?
Sehr geehrter Herr S.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht.
Der vom russischen Präsidenten Wladimir Putin am 24. Februar 2022 begonnene Angriffskrieg auf die Ukraine und die täglich ans Licht kommenden Gräueltaten machen fassungslos und schockieren uns. Dieser eklatante Bruch des Völkerrechts und die damit verbundene Verletzung der Europäischen Friedensordnung markieren die dunkelsten Tage für Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Unsere Gedanken sind in diesen schweren Stunden bei unseren ukrainischen Freunden, denen wir unsere volle und unverbrüchliche Solidarität garantieren. Gemeinsam mit unseren europäischen und internationalen Partnern verurteilen wir diesen Angriff auf das Schärfste und fordern Präsident Putin auf, seinen Krieg unverzüglich zu beenden und russische Truppen sofort vom Staatsgebiet der Ukraine abzuziehen.
Die Bundesregierung hat, getragen von den Fraktionen der FDP, der SPD und Bündis90/Die Grünen, weitreichende Maßnahmen beschlossen, um die russische Führung zu einem schnellstmöglichen Ende ihres Angriffskriegs zu zwingen. Wir werden unsere ukrainischen Freunde und Partner mit Waffenlieferungen unterstützen und so einen Beitrag zur Verteidigung der territorialen Integrität und Souveränität der Ukraine leisten. Darüber hinaus werden wir die weiter Ukraine durch die Lieferung medizinischer und humanitärer Hilfsgüter unterstützen. Wir setzen auch aktuelle unsere Entwicklungszusammenarbeit, Deutschland ist hier seit Jahren größter Partner der Ukraine, weiter und situationsangepasst fort. Gleichzeitig hat die Bundesregierung, im Einklang mit den europäischen und transatlantischen Partnern, weitreichende und schwerwiegende Sanktionen gegen die politische, wirtschaftliche und militärische Führung Russlands beschlossen.
In Ihrer Nachricht sprechen Sie sich dafür aus, als weitere Sanktion die Visavergabe für russische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger komplett einzustellen. Dies ist aus unserer Sicht jedoch kein zielführender Schritt. Bereits vor dem Beginn des Krieges wurden Oppositionelle und Kritiker von Putins repressivem Regime unterdrückt und verfolgt. Denn auch in Russland gibt es viele Menschen, die Putin und seinen Krieg entschieden ablehnen und sich – auch unter Gefahr für das eigene Leben – öffentlich von ihm distanzieren. Als Freie Demokraten machen wir uns mit Nachdruck dafür stark, diese Menschen und besonders verfolgte Gruppen wie Journalisten, Wissenschaftler und Künstler zu schützen. Eine generelle Aussetzung der Visumsverfahren würde diese Menschen in unseren Augen in akute Gefahr bringen.
Seien Sie versichert, dass wir in enger Abstimmung mit unseren Partnern auch weiter an neuen Sanktionen gegen Putin und seine Gefolgsleute arbeiten.
Mit freundlichen Grüßen
Jens Beeck