Frage an Jens Beeck von Klaus N. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Beeck,
Die Formulierung des Begriffs Organspendegesetz im Zusammenhang mit Widerpruchlösung ist meines Erachtens irreführend und benennt nicht den Kern der Ermächtigung. Es geht nicht um eine Spende (freiwillige, wohltätige Zuwendung unter Lebenden), sondern um eine Verpflichtung und nicht um ein Organ wie z.B. die Leber, sondern - nach den mir vorliegenden Informationen - um den ganzen Körper mit all seinen Gewebebestandteilen wie z.B. Knochenmehl.
Für Bürgerinnen und Bürger klar nachvollziehbar und verständlich wäre eine kurze und prägnante Formulierung wie: "Rechtliche Grundlage für das - auch vollständige - Zerlegen eines lebenden Körpers von Patientinnen und Patienten inklusive Portionierung in Einzelteile zum Zwecke der Verteilung an andere Patientinnen und Patienten, soweit kein Widerspruch den Explantationsärzten bekannt ist oder gefunden werden kann oder Angehörige ihre Zustimmung hierzu erteilen."
Meine Fragen:
Werden Sie diese begriffliche Aufklärung, zusammen mit Bildern und Beschreibungen der sogenannten Explantation, in den Medien (Funk, Fernsehen, Print,..) vornehmen?
Werden Sie nachgelagert an diese Aufklärungskampagne in Ihrer Funktion als Mitglied des Gesundheitsausschusses, eine breite gesellschaftliche Diskussion zu dieser Aufklärung umfassend initiieren und persönlich in Ihrem Wahlkreis moderieren und begleiten?
Sehr geehrter Herr N.,
ich teile Ihre Kritik an der aktuellen Initiative des Gesundheitsministers Spahn mit seiner Gesetzesnovelle „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende (GZSO)“ und der von Union und SPD angestrebten doppelten Widerspruchslösung.
Wir Freien Demokraten sprechen uns grundsätzlich gegen diese geplante Bevormundung aus. Ich bin der Auffassung, dass die Entscheidungsfreiheit des Individuums im Mittelpunkt stehen muss und diese bei einem derartig wichtigen Bereich des persönlichen Lebens in keiner Weise beeinträchtigt werden darf. Zugleich sollte der Staat, die Krankenkassen, die Krankenhäuser und allen anderen Akteure mehr als bisher über die Verfahren aufklären, insbesondere über die Hirntod-Definition, da der Hirntod grundsätzlich und ausnahmslos die Voraussetzung für Organspenden ist. Dadurch könnten viele Ängste abgebaut werden, eine höchstpersönliche und bislang leider sehr tabuisierte Auseinandersetzung mit diesem hochsensiblen Thema stattfinden und die Zustimmung bzw. die bisher praktizierte aktive Einverständnislösung auf größere Akzeptanz treffen.
Außerdem setzen wir Freien Demokraten uns aktuell mit einem Antrag im Bundestag auch dafür ein, dass die Chancen von altruistischen Lebendspenden besser genutzt werden können (Bundestag-Drucksache 19/5673). Kommerzieller Organhandel muss weiterhin strafrechtlich sanktioniert bleiben. Ebenso muss die Leitlinie der Freiwilligkeit bei Spenden weiterhin stets im Vordergrund stehen. Gleichzeitig bedarf es aber einer umsichtigen Liberalisierung von Lebendspenden, um bereits vorhandene Chancen besser zu nutzen: Das bestehende Recht unterscheidet vor allem nicht zwischen Organhandel und altruistischen motivierten Lebendspenden. Diese Unterscheidung muss aber zwingend getroffen werden. Dadurch können altruistische Lebendspenden ohne finanzielle Vorteile an nicht-nahestehende Personen strafffrei ermöglicht und gefördert werden. Um die Spendenbereitschaft zu erhöhen müssen wir vor allem das Subsidiaritätsprinzip von postmortalen Spenden über Lebendspenden aufheben, sowie Überkreuzspenden von Paaren und das nicht-zielgerichtete Spenden in Organpools ermöglichen. Allein durch diese Maßnahmen schaffen wir es sicherlich Chancen bestehender Spendenmöglichkeiten deutlich besser auszunutzen - ganz ohne Zwang.
Die genaue Bezeichnung des Gesetzesentwurfs der Regierung ist dementsprechend von nebensächlicher Bedeutung, da wir diesen so in Gänze ablehnen. Wir Freien Demokraten werden uns selbstverständlich auch weiterhin auf allen Ebenen dafür einsetzen, dass bei dieser Thematik eine umsichtige Liberalisierung erreicht wird.
Beste Grüße,
Jens Beeck
Mitglied des Bundestages