Sehr geehrte Frau Schimke, was ist ihre Meinung zum Selbstbestimmungsgesetz? Was ist ihre Meinung zu §3 Absatz 1 & 2, die es dem Gericht erlaubt, gegen Willen der Eltern das Geschlecht zu ändern?
Sehr geehrter Herr P.,
vielen Dank für Ihre Fragen zum geplanten Selbstbestimmungsgesetz.
Ich sehe das geplante Vorhaben äußerst kritisch. Für uns als Unionsfraktion ist der vorgelegte Entwurf des Selbstbestimmungsgesetzes Teil einer fragwürdigen Identitätspolitik der Ampel. Sie will damit biologisches und soziales Geschlecht entkoppeln und der Beliebigkeit hingeben. Wir sind jedoch der Auffassung, dass das Geschlecht – sei es in biologischer oder sozialer Hinsicht – eine Realität darstellt und nicht der freien Selbstbestimmung unterliegt. Wir wollen deshalb eine Lösung, welche die Interessen der Betroffenen ernst nimmt und ihren besonderen Lebenssituationen durch ein möglichst schonendes Verfahren zur Änderung des Vornamens und des Geschlechtseintrags Rechnung trägt, aber dabei die Trennung von rechtlichem und biologischem Geschlecht nicht beliebig macht und möglichem Missbrauch vorbeugt.
Die Pläne der Ampelkoalition gehen in ihrem extremen und pauschalen Ansatz allerdings zu weit. Sie entwerten die Beweiskraft öffentlicher Register und haben keine Lösungen für die bereits vorprogrammierten Auswirkungen in anderen Bereichen. Bereits der Name „Selbstbestimmungsgesetz“ legt fest, dass geschlechtliche Identität für jeden Menschen zu jedem Zeitpunkt frei wählbar sein soll und dass sich die geschlechtliche Identität im Laufe eines Lebens gegebenenfalls mehrfach ändern dürfe. In der Realität steht für die große Mehrheit der Bevölkerung ihr Geschlecht nicht in Frage.
Was insbesondere Kinder und Jugendliche betrifft, so sollte das bisherige Verfahren und die bisherige Rechtslage beibehalten werden. Aus Gründen des Kinder- und Jugendschutzes sollte bei ihnen weiterhin im Rahmen eines Gerichtsverfahrens über einen Namens- und Geschlechtswechsel entschieden werden. Auch die Verpflichtung zur Beibringung von Gutachten muss bleiben. Damit wird der schon jetzt sichtbaren Gefahr einer „Dynamik“ bei Kindern und Jugendlichen entgegengetreten, wodurch sie altersbedingte Persönlichkeitszweifel und Pubertätsphasen der Sexualentwicklung mit einem rechtlichen Geschlechtswechsel begegnen und möglicherweise in der Folge körperliche oder somatische geschlechtsangleichende Maßnahmen vornehmen lassen. Um diskriminierende Erfahrungen gerade in der sensiblen Gruppe von Kindern- und Jugendlichen auszuschließen, erfolgt die Gutachtertätigkeit unter Anwendung von geeigneten Qualitätsrichtlinien. Die Zustimmung der sorgeberechtigten Eltern soll aber auch weiterhin nicht durch das Familiengericht ersetzt werden können.
Der Entwurf wird nun ins parlamentarische Verfahren gehen. Unsere Kritik und Änderungsvorschläge werden wir dabei deutlich machen. In der Form werden wir dem Entwurf keinesfalls zustimmen.
Mit freundlichen Grüßen
Jana Schimke