Frage an Jana Schimke von Bert V. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrte Frau Schimke, wie setzen Sie sich dafür ein, dass die "Fleischfabrik Tönnies" nicht durch die Gründung von vielen kleinen Tochterunternehmen das Verbot von Werkverträgen umgeht? Wie verhelfen sie dem Punkt "sozial" in unserer sozialen Marktwirtschaft zu Geltung, sprich "Eigentum verpflichtet" ?
Sehr geehrter Herr Vor,
vielen Dank für Ihre Frage.
Die Zahl der mit dem Corona-Virus infizierten Mitarbeiter beim Fleischfabrikanten Tönnies hat für Aufsehen gesorgt. Diesbezüglich musste auch ein Aufklärungsprozess stattfinden, der erörtert, was die konkreten Ursachen für die hohe Infektionsrate waren. Wie sich herausstellte, waren nicht die Werkverträge dafür ursächlich, sondern die Bedingungen im Zerlegebetrieb, wie eine Studie des Helmholtz-Instituts zeigt. Denn in den dortigen Hallen wird aufgrund von niedrigen Temperaturen und einer konstanten Luftumwälzung die Aerosolübertragung auch über größere Entfernungen hinweg gefördert.
Den Vorstoß von Bundesminister Heil, Werkverträge und Leiharbeit in der Fleischbranche grundsätzlich zu verbieten, halte ich deshalb für falsch. Solch ein Verbot ist nicht nur verfassungswidrig, weil es ein Verbot für lediglich eine Branche schafft. Es ändert auch nichts an dem Risiko, sich mit Covid-19 zu infizieren. Darum geht es inzwischen auch nicht mehr, denn das Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit ist ein Ziel, dass die SPD bereits lange vor Corona verfolgte und das Virus nun dafür zum Anlass nimmt.
Werkverträge und Zeitarbeit sind wichtige arbeitsmarktpolitische Instrumente, mit denen Unternehmen flexibel bei Auftragsspitzen umgehen können, aber vor allem auch Unterstützung erfahren, wenn sich die eigene Personalsuche schwierig gestaltet. Gerade in der Fleisch verarbeitenden Industrie ist es kaum mehr möglich, inländische Arbeitskräfte zu finden. Das einseitige Vorgehen gegen die Fleischbranche schafft damit eine weitere Grundlage für die Abwanderung von Unternehmen ins Ausland. Das kann und werde ich nicht unterstützen.
Zu Ihrer zweiten Frage: Die soziale Marktwirtschaft ist die Grundlage für den Erfolg unseres Landes. Als Sozialpolitikerin bin ich stolz auf unsere Standards beim Arbeiten, im Gesundheitswesen oder auch der Rente. Doch eine gute Sozialpolitik setzt immer auch eine gute Wirtschaftspolitik voraus. Politik darf sich nicht einfach bedienen bei denen, die in unserem Staat arbeiten sowie Steuern und Beiträge zahlen. Wir müssen unsere Entscheidungen immer auch mit Blick auf die Leistungsträger in unserer Gesellschaft abwägen.
Inhabergeführte Betriebe sind eine besonders wichtige Gruppe, weil sie das Rückgrat unseres Mittelstandes in Deutschland bilden. Hier haftet der Inhaber mit seinem Privatvermögen für jede unternehmerische Entscheidung. Inhabergeführte Betriebe haben von Grund auf schon ein besonderes Interesse an gesunden Strukturen nach innen wie außen. Wenn Sie mit Ihrer Frage auf den Missbrauch von Verantwortung abzielen, dann möchte ich hierauf antworten, dass dort selbstverständlich die Regeln unserer Gesetze gelten und greifen müssen.
Gerne stehe ich Ihnen für weitere Fragen und Anmerkungen zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Jana Schimke