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Jan-Marco Luczak
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Frage von Patricia D. •

Wie stehen Sie zum Nordischen Modell?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau. D.,

vielen Dank für Ihre Frage. Ich beschäftige mich seit längerer Zeit intensiv mit der Frage, ob auch Deutschland ein Sexkaufverbot nach dem Nordischen Modell einführen sollte. Es gibt viele gute Argumente dafür und dagegen, die auch innerhalb meiner Fraktion regelmäßig ausführlich und auch kontrovers diskutiert werden.

Die Befürworter des Nordischen Modells kritisieren eine zu liberale Gesetzgebung im Bereich der Prostitution und machen diese für Zwangsprostitution, sexuelle Ausbeutung, Menschenhandel sowie Zuhälterei verantwortlich. Sie argumentieren, Prostitution sei generell nicht mit der Menschenwürde in Einklang zu bringen, und versprechen sich durch eine Kriminalisierung der Freier und anderer Profiteure einen Rückgang von sexueller Ausbeutung. Dabei führen Sie häufig an, Deutschland gelte als „Bordell Europas“.

Auf der anderen Seite sehen die Gegner im Nordischen Modell einen Widerspruch zur Berufsfreiheit und zur Selbstbestimmung. Sie argumentieren, dass ein Verbot lediglich zu einem Rückgang sichtbarer (und meist gut kontrollierter) Prostitution führt, eine Verdrängung in weniger sichtbare Bereiche der Prostitution damit aber nicht wirksam unterbunden wird. Dies führt, nach Ansicht der Gegner, zu einer weiteren Verschlechterung der Arbeitsbedingungen in der Prostitution, einem Anstieg von Gewalt und sexuell übertragenen Krankheiten.

Insgesamt ist die Frage für oder gegen ein Sexkaufverbot eine komplizierte und sehr persönliche Abwägung. Häufig wird Prostitution grundsätzlich mit Zwang und Menschenhandel gleichgesetzt. Und selbstverständlich müssen Betroffene von Menschenhandel, Ausbeutung und Gewalt besser geschützt werden. Hier gibt es aber bereits Gesetze, ein Sexkaufverbot würde an der Zwangslage der Betroffenen nicht automatisch etwas ändern. Da es aber auch viele Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter gibt, die Prostitution freiwillig ausüben und die nicht von Zuhältern oder Menschenhändlern zur Ausübung ihrer Dienste gezwungen werden, würde ein Sexkaufverbot ihre Arbeitsbedingungen und ihr Grundrecht auf Berufsfreiheit gefährden. Tatsächlich vertreten einige Experten mit Bezug auf Länder wie Schweden und Frankreich die Auffassung, dass Kriminalisierung von Prostitution das Risiko erhöht, Opfer von Gewalt zu werden, statt sie zu reduzieren. Prostitution wird durch ein Verbot aus der Sichtbarkeit und in einen Graubereich gedrängt, viele, insbesondere Frauen werden dadurch eher noch weiter schutzlos gestellt. Das ist jedenfalls die Aussage, die ich aus meinen Gesprächen mit dem Landeskriminalamt Berlin zu diesem Thema mitgenommen habe.

Ein weiterer Punkt, der mir in dieser Debatte wichtig ist: Menschen, die aufgrund einer körperlichen oder geistigen Behinderung ihre sexuellen Bedürfnisse nicht ohne Hilfe von Dritten realisieren können, finden in einer professionellen Sexualassistenz oder Sexualbegleitung eine wichtige Unterstützung, die im Fall eines Verbots ebenfalls betroffen wäre. Sexuelle Selbstbestimmung ist aber ein in unserer Verfassung verankertes Grundrecht für jeden Menschen.

Statt einem Verbot nach dem nordischen Modell tendiere ich daher zu einer Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen im Bereich der Prostitution und einem verstärkten Kampf gegen Menschenhandel, Zuhälterei und Zwangsprostitution durch Verschärfung der strafrechtlichen Regelungen. Auch die Kontrolle und der Vollzug der bisherigen Regelungen zum Schutze von Prostituierten muss deutlich besser werden. Hier kommen die Länder ihre Verantwortung aus meiner Sicht nicht genügend nach.

Ich hoffe, ich konnte in meinen Standpunkt und die auf mich schwierige Abwägung vermitteln.

Herzliche Grüße 
Jan-Marco Luczak